Bandscheibenvorfälle und enger Wirbelkanal
Im Folgenden soll auf Bandscheibenerkrankungen der Halswirbelsäule (HWS) und Lendenwirbelsäule (LWS) eingegangen werden. Obwohl häufigster Grund in Deutschland zur Krankschreibung muss nur ein Bruchteil der Patienten operiert werden.
Ursächlich für einen Bandscheibenvorfall ist am häufigsten ein angeborener „Webfehler“ des Bindegewebsringes (annulus fibrosus) der den eigentlichen Bandscheibenkern (nucleus pulposus) umgibt. Andere angeschuldigte Ursachen, z.B. schwere Arbeiten, Sport, Körpergewicht, Ernährung, sind so gut wie nie alleiniger Auslöser eines Bandscheibenvorfalls. Dieser kommt an der Lendenwirbelsäule 6mal häufiger vor als im Halswirbelbereich.
Schon die Vorgeschichte („Hexenschuss”, „Ischias”, „steifer Hals”) und der Untersuchungsbefund (Schmerzband, Gefühlstörung, Schwäche) weisen auf einen Bandscheibenvorfall hin.
Nur mit Hilfe bildgebender Verfahren kann die Diagnose gesichert werden:
- Wirbelsäulen-Computertomographie
- Kernspintomographie
- Myelographie mit Funktionstest (Kontrastuntersuchung des Wirbelkanals)
Die meisten Bandscheibenerkrankungen können konservativ (Medikamente, Kuren, Kathetertechniken, physikalische Maßnahmen) behandelt werden.
Eine Operation ist nach heutigem Stand erforderlich bei:
- Vorhandensein von Kraftminderung (oft auch bei nachlassenden Schmerzen)
- Fortbestehen von Gefühlstörungen (meist in Verbindung mit Schmerzen)
- Fortbestehen von Schmerzen („Ischias” oder „Schulter-Arm-Schmerzen”) nach langdauernder oder erfolgloser Behandlung mit Medikamenten und krankengymnastischen Übungsbehandlungen
Eine OP ist als Notfalleingriff bei Blasen- und Mastdarmentleerungsstörungen mit Gefühlstörungen im Gesäßbereich beiderseits innerhalb weniger Stunden notwendig!
geschlossene Methode (perkutane Nukleotomie mit Auflösung und Absaugung der Bandscheibe):
- nur bei vollständig erhaltenem Ringband möglich!
offene Methode (endoskopische Technik)
- nur bei frischen Bandscheibenvorfällen
mikrochirurgische Technik (mit Mikroskop)
- für jede Form des Bandscheibenvorfalls geeignet
- an der Lendenwirbelsäule von hinten
- an der Halswirbelsäule von vorn mit gleichzeitiger Verblockung der Wirbel durch „Kunststoffdübel”
Da besonders die Wirbelsäule neben den Bandscheiben im Laufe des Lebens degenerativen Veränderungen unterliegt, kommt es im höheren Alter zusätzlich zu Einengungen des Wirbelkanals (Spinalkanalstenose). Dies führt zu einer Verkürzung der Gehstrecke („Schaufensterkrankheit”).
Bei zusätzlicher übermäßiger Mobilität der Wirbel (Wirbelgleiten) treten Schmerzen bei längerem Stehen auf.
Hier sind Kontrastuntersuchungen (Myelographien) in Funktion erforderlich.
Die konservative Behandlung ist bei hochgradiger Enge oder Beweglichkeit nur begrenzt wirksam.
Die Operation ist dann offen notwendig mit:
- Erweiterung des Wirbelkanals
- Stabilisierung des mobilen Segments
- Verblockung des Zwischenwirbelraumes
Die Ergebnisse sind um so besser je kürzer Lähmungen oder Gefühlsstörungen bestehen. Starke Schmerzen bei akuten Bandscheibenvorfällen sind oft schon am Tag nach der Operation wesentlich besser als präoperativ. Keinen Einfluß hat die Operation auf die Degeneration der Wirbelsäule. Die Folgen dieser degenerativen Veränderungen können allerdings beeinflusst werden. Nach der Operation sollte vorsichtig mit physiotherapeutischen und krankengymnastischen Anwendungen begonnen werden.
Generell gilt dabei, daß der Patient seinen Fähigkeiten entsprechend „belastet” werden sollte. Schmerzen bei diesen Anwendungen sind zu vermeiden! In einigen Fällen ist eine stationäre Reha-Maßnahme (AHB-Anschluß-Heil-Behandlung) notwendig. Die meisten Patienten können nach einer Operation wieder ihrer Arbeit nachgehen und auch Sport treiben. Allerdings sollte mit einer Schonphase von mindestens 4 – 6 Wochen gerechnet werden.
Eine häufige Folge der Bandscheibendegeneration ist eine Überlastung der Wirbelgelenke, die Gelenkbeschwerden mit Schmerzen beim Drehen und Bücken verursachen. Oft sind Schmerzen auch nach Operationen zu beobachten. Ein lokaler Druckschmerz ist dabei das Leitsymptom. Als diagnostischer Hinweis hat eine lokale Blockade des Gelenks unter Röntgenkontrolle Bedeutung. Bei positivem Effekt dieser Blockade ist eine Verschorfung des Gelenks mit einer dünnen Sonde häufig erfolgreich (Facettenkoagulation).