Enuresis beim Kind
Wenn ein Kind in einem Alter von 5 Jahren und älter noch regelmäßig einnässt (an mind. 2 Nächten pro Monat) spricht man von Bettnässen (Enuresis). Dies ist für die ganze Familie, v. a. aber für das betroffene Kind mit einem hohen Leidensdruck verbunden. Deshalb sollte unbedingt ärztliche Hilfe aufgesucht werden.
Man unterscheidet, ob das Kind noch nie dauerhaft trocken gewesen ist (primäre Enuresis), oder ob das Kind wieder einnässt, nachdem es über mindestens 6 Monate trocken war (sekundäre Enuresis). Weiter wird zwischen nächtlichem Einnässen (Enuresis) und kindlicher Harninkontinenz unterschieden. Dabei handelt es sich um zusätzliches Einnässen tagsüber oder alleiniges Einnässen tagsüber verbunden z.B. mit Harndranggefühl, häufigem Wasserlassen, kleinen Urinmengen…
Das Hauptsymptom ist – wie der Name schon sagt – das ungewollte Einnässen.
Ca. 30% der Kinder im Alter von 5 Jahren nässen Nachts noch ein. Aufgrund der hohen Selbstheilungsrate beträgt die Enuresisrate bei 7-Jährigen nur noch 10% und 3-4% bei den 18-Jährigen.
Bei der primären Enuresis liegt die Hauptursache für die immer noch fehlende nächtliche Blasenkontrolle in einer Störung bzw. Entwicklungsverzögerung der Reifung der Blasenkontrolle sowie der hormonellen Regulation durch das antidiuretische Hormon, das nach dem Tag-Nacht-Rhythmus die Blasenfüllung steuert und dafür sorgt, dass sich die Blase nachts weniger füllt. Das erneute Einnässen nach einer längeren Phase der Trockenheit (sekundäre Enuresis) weist dagegen eher auf psychische Probleme hin. Das Kind kommt vielleicht mit Veränderungen des Familienlebens nicht zurecht (Streit, Scheidung, Tod), die aber auch vordergründig positiv sein können (Geburt eines Geschwisters, Umzug ins eigene Haus). Bei der kindlichen Harninkontinenz spielen sowohl seelische Probleme als auch körperliche Ursachen eine Rolle. Häufig ist eine Entzündung der Harnwege, selten Diabetes (Zuckerkrankheit), neurologische Störungen oder anatomische Fehlbildungen der Harnwege.
Zu Beginn steht eine ausführliche ärztliche Befragung (Anamnese) nach Häufigkeit des Einnässens, Besonderheiten des Wasserlassens (Harnstrahlabschwächung, Häufigkeit, Harndrang,…), besonderen Angewohnheiten bei der Blasenentleerung, familiärer Häufung, Art des Sauberkeitstrainings sowie bereits erfolgten Behandlungsmaßnahmen. Außerdem soll die Häufigkeit des Wasserlassens, die Urinmenge, die Trinkmenge und die Trinkgewohnheiten, das Auftreten von Harndrang sowie die Einnässfrequenz über zwei bis drei Tage in einem eigens dafür vorliegenden Protokoll (Miktionsprotokoll) aufgezeichnet werden. Eine körperliche Untersuchung kann Fehlbildungen, die ursächlich für das Einnässen sein können, ausschließen. Zudem werden eine Ultraschalluntersuchung von Nieren und Blase, eine Harnstrahlmessung sowie eine Urinuntersuchung auf Keime durchgeführt. Im Allgemeinen reichen diese so genannten Basisuntersuchungen zunächst aus, um eine Verdachtsdiagnose zu stellen und eine Therapie einzuleiten. Bei unklaren Basisbefunden oder einem Versagen der Therapie müssen ggf. weitere Untersuchungen angeschlossen werden (Röntgenuntersuchung von Niere/Blase, Blasenspiegelung Blasendruckmessung, usw.).
An erster Stelle steht die Beratung. Hierbei wird der Familie nicht nur Wissen über die Ursachen des Bettnässens vermittelt, sondern es werden v. a. einfache Ratschläge gegeben. Unbedingt unterlassen werden sollen: Strafen, Drohungen oder sonstiges Einreden auf das Kind. Ganz wesentlich sind zunächst allgemeine Maßnahmen, diese umfassen z. B. die Ordnung der Trinkgewohnheiten. Wichtig ist auch die regelmäßige Blasenentleerung vor dem Zubettgehen. Nachts soll für das Kind ein unbehinderter Zugang zur Toilette vorhanden sein, dies umfasst auch eine gute Beleuchtung, die das Kind selbständig bedienen kann. Auch ist die Führung eines Kalenders über die trockenen Nächte durch das Kind selbst empfehlenswert. Dies stärkt die Eigenverantwortlichkeit des Kindes und lässt den Fortschritt leichter erkennen.Bei einem Teil der Kinder führen bereits diese einfachen Ratschläge zum Erfolg.
Alarmtherapie:
Als nächstes kann ein Klingelgerät (Klingelmatten oder Klingelhosen) eingesetzt werden. Beim Einnässen des Kindes ertönt ein Signal, das das Kind aufweckt. Ziel ist, entweder durchzuschlafen oder aber aufzuwachen, wenn die Blase gefüllt ist. Auch hier ist es wichtig, dem Kind eine gewisse Eigenverantwortung zu geben. Die Erfolgsquoten liegen bei ca. 50 – 80 %. Problematisch kann bei der Alarmtherapie die schwere Erweckbarkeit des Kindes sein. Wichtig ist hier die Belohnung des Kindes bei aktivem Aufstehen und Kooperation. Der Therapieerfolg tritt häufig erst nach Monaten ein, so dass gutes Durchhaltevermögen von Kind und Eltern notwendig ist.
Biofeedback Training:
Bei bestimmten Fehlfunktionen der Blasenentleerung, z. B. mangelndem Zusammenspiel von Blasenentleerungsmuskel und Schließmuskel, kann ein Biofeedbacktraining Erfolg versprechend sein. Hier kann mit einem Gerät die Funktion vom Schließmuskel im Zusammenspiel bei der Blasenentleerung z. B. an einem Monitor sichtbar gemacht werden und so die Blasenentleerung durch Training wieder geordnet werden. Die Therapiedauer beträgt bis zu sechs Monate.
Akupunktur:
Es liegen vorsichtige Hinweise zur Wirksamkeit der Akupunktur bei kindlichem Einnässen vor. Jedoch werden unterschiedlichste Techniken und Kombinationen bei der Behandlung angewandt, so dass bislang nur bei Erfolglosigkeit aller anderen Verfahren über Akupunktur gesprochen werden kann. Medikamentöse Therapie: Auch eine medikamentöse Behandlung kann erfolgen.
1. Veränderung der Wasserausscheidung des Körpers
Der eingesetzte Wirkstoff wirkt auf den Wasserhaushalt des Körpers und reduziert die Blasenfüllung während der Nacht. Er hat wenige Nebenwirkungen und führt bei 40 – 80 % der Kinder zu Erfolg. Jedoch kommt es häufiger zu Rückfällen, wenn nach ca. zwölf Wochen ein Absetzversuch des Medikaments durchgeführt wird. Deshalb ist es empfehlenswert, das Medikament nicht sofort vollständig, sondern ausschleichend (langsame Dosierreduzierung) abzusetzen.
2. Verbesserung des Blasenfüllung
Hier sind mehrere Wirkstoffe gegeben. So genannte Anticholinergika können durch Wirkung an der Blasenwand das Füllungsvolumen der Blase verbessern helfen. So kann die Urinmenge tags und nachts besser gespeichert werden und dem Kind fällt die Kontrolle über den Urin leichter. Alle medikamentösen Maßnahmen bedürfen der ärztlichen Begleitung durch einen in der Behandlung von kindlicher Inkontinenz oder Einnässen erfahrenen Arzt.