Hämorrhoiden
Die klassischen Erkrankungsbilder der Proktologie, die zur chirurgischen Versorgung in Frage kommen, stellen Hämorrhoiden, Analfisteln, Abszesse und Steißbeinfisteln (Sinus pilonidalis) dar.
Diese Erkrankungen sind für viele Betroffene ein sehr unangenehmes Leiden. Sie sind jedoch in ihren verschiedenen Stadien gut chirurgisch zu entfernen und heilbar. Lediglich bei Abszessen kann einmal bei ausgeprägter Gesamtreaktion oder Anzeichen für eine beginnende Blutvergiftung eine umgehende Operation erforderlich werden.
Selten, jedoch von ungleich höherer Tragweite, ist die Diagnose eines Anal-/ Analrandkarzinoms und der möglichen Vorstufen der analen intraepitheliale Neoplasien (AIN), also des unkontrollierten Wachstums von Hautzellen des Afters, bei denen zunächst gutartige Tumore auftreten.
Anatomie
Hämorrhoiden sind natürliche Schleimhautpolster aus Venengeflechten, Bindegewebe und Muskelfasern im untersten Teil des Mastdarms, die neben dem eigentlichen Schließmuskel für den Feinverschluss des Enddarms verantwortlich sind. Der Enddarm ist der letzte Abschnitt des Verdauungstrakts und hat die Funktion, den Stuhl zu speichern und über den Analkanal auszuscheiden. Die Hämorrhoidalgefäße befinden sich in der Schleimhaut des Enddarms und dienen der Regulation des Stuhlgangs. Die Blutgefäße in dem Gewebepolster können allerdings aus verschiedenen Gründen bluten, anschwellen oder nach außen vorfallen und so Beschwerden bereiten. Ist dies der Fall, sprechen wir von einem Hämorrhoidalleiden.
In diesem Bereich finden sich auch die sogenannte Proktodealdrüsen, die ein Sekret absondern, das die Haut über dem Schließmuskel schützt. Diese Drüsen sind in der überwiegenden Zahl der Fälle der Ausgangspunkt für etwaige entzündliche Erkrankungen.
Ursachen und Risikofaktoren
Die genauen Ursachen von Hämorrhoiden, aber auch von Abszessen, Fisteln und Steißbeinfisteln sind nicht immer klar. Bei starkem Pressen infolge ständiger Verstopfung, Übergewicht, vorwiegend sitzender Tätigkeit oder Schwangerschaft kann es zur Vergrößerung der Hämorrhoiden und zu damit verbundenen Beschwerden kommen. Man spricht dann vom sogenannten „Hämorrhoidalleiden“.
Andererseits können die Proktodealdrüsen hier leichter verstopfen, was zu Entzündungen und Abszessen führen kann. Bei der Steißbeinfistel werden feinste Verletzungen der Haut durch Haare, die bis in das Unterhautgewebe eindringen können, vermutet. Diese Vermutung gründet auf der Beobachtung, dass stark behaarte Menschen ein hohes Risiko für die Entwicklung einer Steißbeinfistel besitzen.
Heilungschancen
Die Heilungschancen sind in der Regel gut, insbesondere wenn die Erkrankung frühzeitig erkannt und behandelt wird. Es besteht eine sehr gute Chance, ein Hämorrhoidalleiden dauerhaft zu beseitigen.
Symptome
Hämorrhoiden können variieren, abhängig von der Schwere der Erkrankung. Typische Symptome sind schmerzlose hellrote Blutungen, welche als Stuhlauflagerungen oder auf dem Toilettenpapier bemerkt werden. Des Weiteren kann es zu Jucken, Nässen oder Stuhlschmieren kommen. Im fortgeschrittenen Stadium ist ein Fremdkörpergefühl möglich.
Manche Patient*innen berichten über eine tastbare Vorwölbung aus dem After, die sich zurückdrücken lässt. Schmerzen sind eher untypisch, können aber im Verlauf der Erkrankung ebenfalls auftreten. Die genannten Symptome können einzeln oder kombiniert auftreten. Nur eine Untersuchung durch eine erfahrene Ärzt*in kann Gewissheit bringen, ob es sich wirklich um ein Hämorrhoidalleiden oder um eine andere Erkrankung handelt.
Es können mehrere Stadien des Hämorrhoidalleidens unterschieden werden:
Stadium I: Vergrößerung der Hämorrhoiden, von außen nicht sichtbar.
Häufige Beschwerden: schmerzlose hellrote Blutauflagerungen
Stadium II: Vorfall von Knoten beim Stuhlgang, die sich von alleine wieder zurückziehen.
Häufige Beschwerden: Brennen, Juckreiz, entzündlich gerötete Haut und Nässen im Analbereich, Fremdkörpergefühl.
Stadium III: Vorfall von Knoten beim Stuhlgang, die mit dem Finger zurückgeschoben werden müssen.
Häufige Beschwerden: Brennen, Juckreiz, permanentes Fremdkörpergefühl, Gefühl der unvollständigen Entleerung nach dem Stuhlgang, stärkere Blutungen.
Stadium IV: Vorfall von Knoten, die sich nicht mehr zurückschieben lassen.
Häufige Beschwerden: wie in Stadium III
Die Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie ist auf die Behandlung dritt- und viertgradiger Hämorrhoiden spezialisiert, während die Stadien I und II durch unsere Kolleg*innen der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Diabetologie und Hämatologie-Onkologie oder durch unseren ambulanten Kooperationspartner behandelt werden.
Untersuchung und Diagnose
Durch die Schilderung der Beschwerden kann häufig bereits auf eine der Ursachen geschlossen werden.
Bei Blutauflagerungen auf dem Stuhl müssen bösartige Tumoren des Dick- und Mastdarms ausgeschlossen werden. Eine eingehende körperliche Untersuchung, bei der auch die Analregion ausgetastet wird (digital-rektale Untersuchung), ist genauso wie eine endoskopische Spiegelung des Analkanals (Proktoskopie) und Mastdarms (Rektoskopie) nötig. In den meisten Fällen werden diese Untersuchungen durch eine komplette endoskopische Untersuchung des Dickdarms (Koloskopie) ergänzt.
Bei entzündlichen Erkrankungen ist eine möglichst schnelle, da sofort schmerzlindernde chirurgische Therapie sinnvoll. Die Diagnostik ist wegen der Schmerzen häufig nicht abschließend möglich und sollte alsbald nach der Erstversorgung nachgeholt werden.
Behandlung
Um die Beschwerden bei Hämorrhoiden zu lindern, ist ein weicher, geformter Stuhlgang wichtig, der ohne Pressen entleert werden kann. Zu diesen Allgemeinmaßnahmen gehören ausreichend Bewegung, eine ausgewogene ballaststoffreiche Ernährung in Form von Gemüse und Obst, die Vermeidung blähender Speisen und reichliche Trinkmengen.
Salben und Zäpfchen
Helfen meist nur bei Stadium I oder II. Sie lindern die Entzündung, bekämpfen akute Schmerzen und stillen den Juckreiz. Sie helfen damit, Symptome zu verringern, beseitigen jedoch nicht die Ursache der Beschwerden.
Gummibandligatur
Geeignet im Stadium II. Bei dieser Methode werden einzelne Hämorrhoidalknoten mit einem Gummiband abgeschnürt. Das Gewebe verkümmert dadurch und wird nach wenigen Tagen abgestoßen. Eine spezielle Narkose ist bei dieser Behandlung nicht notwendig, der Eingriff wird ambulant durchgeführt. Nach der Anwendung kann es zu einem geringen kurzzeitigen Blutabgang kommen, der jedoch normal ist.
Operation nach Parks (a) oder nach Milligan-Morgan (b)
Geeignet für Stadium II und III. Der Eingriff wird in Vollnarkose durchgeführt. Hierbei wird der vergrößerte Hämorrhoidalknoten (oder mehrere Knoten) ausgeschnitten, das zuführende Blutgefäß mit Naht verschlossen und die Schleimhaut-Wundfläche entweder vernäht (a) oder offen gelassen (b).
Operation nach Longo (Stapler-Hämorrhoidektomie)
Geeignet im Stadium III, v.a. bei ausgedehntem Befund mit kreisförmig angeordneten mehrfachen Hämorrhoidalknoten. Durch diese neue Operationsmethode wird oberhalb des Analkanals ein Schleimhautstreifen mit einem speziellen Klammernahtapparat (sog. Stapler) entfernt. Hierdurch wird der Schleimhautvorfall behoben, die nach außen vorgefallenen Hämorrhoiden zurückverlagert und die Blutzufuhr zu diesen Venengeflechten verringert. Vorteile dieser Methode sind eine rasche Heilung, kaum Schmerzen und die Abwesenheit von offenen Wunden.
Erst- und zweitgradige Hämorrhoiden können sehr gut konservativ beherrscht werden und werden in Kooperation mit der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Diabetologie und Hämatologie-Onkologie mit Injektion von Phenolmandelöl oder Gummibandligatur versorgt. Höhergradige Hämorrhoiden stellen eine Indikation zur chirurgisch operativen Versorgung dar, hierbei sind die Verfahren nach Parks und nach Longo als die unsererseits favorisierten zu nennen. Die Verfahrenswahl richtet sich nach der Lage, Konfiguration und Ausdehnung der Hämorrhoiden, aber auch nach dem Zustand der Patient*in.
Die Behandlung von Abszessen besteht in deren Ausräumung und konservativer Therapie. Bei Vorliegen von Fisteln muss individualisiert vorgegangen werden, eine Versorgung im akuten Stadium ist nicht sinnvoll, da die Heilaussichten bei einer Fistelausschneidung und Naht eher schlecht sind. Daher wird häufig eine Fisteldrainage (Fadendrainage) für kurze Zeit angebracht, und es erfolgt im Intervall eine endgültige Versorgung.
Rehabilitation und Nachsorge
Eine Rehabilitation ist nicht erforderlich.
Lebensqualität nach der Operation
Die Lebensqualität ist nach der Versorgung in der Regel deutlich verbessert.