Schilddrüsenerkrankungen
Die Schilddrüse setzt Hormone frei, die zahlreiche Stoffwechselprozesse steuern und beeinflussen. Sowohl die übermäßige (Hyperthyreose) als auch die verminderte Produktion von Schilddrüsenhormonen (Hypothyreose) verursachen charakteristische Symptome und Folgekrankheiten in verschiedenen Organsystemen.
Anatomie
Die Schilddrüse besteht aus zwei Schilddrüsenlappen und liegt etwa zwei Zentimeter unterhalb des Kehlkopfes auf der Luftröhre. Die beiden Schilddrüsenlappen sind über den Isthmus miteinander verbunden. Seitlich hinter der Schilddrüse läuft der Stimmbandnerv, der für die Beweglichkeit der Stimmbänder zuständig ist. Für die Synthese der Schilddrüsenhormone benötigt die Schilddrüse Jod. Die Schilddrüsenhormone haben direkten Einfluss auf den Stoffwechsel des Körpers, auf die Herzfrequenz und auf weitere Stoffwechselvorgänge.
Ursachen und Risikofaktoren
Erkrankungen der Schilddrüse haben vielfältige Ursachen, die exakt abgeklärt werden müssen, um gutartige und bösartige Erkrankungen im Vorfeld einer Operation bereits zu unterscheiden. Der in Binnenländern häufig vorherrschende Jodmangel begünstigt eine Bildung von Knoten, die gutartig sind, aber große Ausmaße annehmen können. Dies entspricht dem klassischen Kropf. Für bösartige Schilddrüsentumore gibt es kaum nachgewiesene Risikofaktoren, mit der einzigen Ausnahme der Exposition gegenüber radioaktiver Strahlung. Die Gewissheit ist in der Folgezeit nach der Tschernobyl-Katastrophe entstanden.
Heilungschancen
Nahezu alle Schilddrüsenerkrankungen können geheilt werden, gelegentlich muss jedoch eine Operation mit einer nuklearmedizinischen Behandlung kombiniert werden. Die sehr seltene Ausnahme stellen aggressive bösartige Schilddrüsenerkrankungen dar, die bereits früh in Nachbargewebe am Hals einwachsen (Blutgefäße oder Luftröhre) oder die bereits andernorts Tochtergeschwulste gebildet haben. In dieser Situation ist eine onkologische Zusatztherapie erforderlich.
Symptome
In der Schilddrüse werden unter anderem die beiden wichtigen Hormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) hergestellt. Diese Hormone spielen eine bedeutende Rolle beim Stoffwechsel, also bei der Umsetzung der aufgenommenen Nahrung in Energie für den Körper. Wenn die Schilddrüse nicht einwandfrei funktioniert, verbraucht der Körper die Energie zu langsam oder zu schnell.
Bei einer Unterfunktion, der Hypothyreose, produziert die Schilddrüse zu wenig dieser Hormone. Eine Folge können Gewichtszunahme, Müdigkeit und Antriebslosigkeit oder Kälteempfindlichkeit sein. Bei einer Überfunktion, der Hyperthyreose, erhält der Körper mehr Hormone als benötigt. Als Symptome sind Gewichtsabnahme, Herzrasen oder Schweißausbrüche möglich.
Untersuchung und Diagnose
Die Diagnose wird bei allen Erkrankungen der Schilddrüse zunächst durch die Bestimmung bestimmter Blutwerte, eine Ultraschalluntersuchung, die mit einer Gewebeprobe mit einer Feinnadel kombiniert werden kann, und einer nuklearmedizinischen Untersuchung (Szintigrafie) gestellt.
Sollte der sehr seltene Fall einer bösartigen Schilddrüsenerkrankung mit Risiko einer Streuung vorliegen, sind zusätzliche Untersuchungen wie ein CT oder auch eine spezielle PET CT erforderlich.
Behandlung
Über – oder Unterfunktionen der Schilddrüse können durch eine Vielzahl von Erkrankungen hervorgerufen werden. Allerdings sollten diese immer behandelt werden, da eine korrekte Schilddrüsenfunktion wichtig für den gesamten Stoffwechsel ist.
Eine Schilddrüsenoperation macht in der Regel nur bei Überfunktion Sinn. Letztere kann durch Knoten entstehen, die unreguliert Schilddrüsenhormon produzieren, wie bei einem Kropf, aber auch durch einige Immunerkrankungen, welche die Schilddrüse zur ständigen Überproduktion von Hormonen anregen. Sehr selten sind Entzündungen der Schilddrüse, die Funktionsstörungen zur Folge haben können. Eine Operation muss daher im Einzelfall genau überdacht werden. Am Klinikum Ingolstadt werden Sie durch mehrere Spezialist*innen für Schilddrüsenchirurgie betreut, die Sie für die individuell beste Therapie beraten.
Die chirurgischen Eingriffe am Klinikum Ingolstadt werden über einen 2-4cm großen Schnitt am unteren vorderen Hals vorgenommen. Über diesen Zugang wird die Schilddrüse aus ihrem Bett in kleinen Schritten herausgeschält und die zu- und abführenden kleinen Blutgefäße durchtrennt. Die Operation in kleinsten Schritten wird vorgenommen, um die direkt daneben anliegenden Strukturen der Nebenschilddrüse und des Stimmbandnervs zu schonen. Da diese Strukturen sehr klein sind, wird der Eingriff in der Regel mit einer Lupenbrille vorgenommen und der Verlauf der Nerven durch Stimulation überprüft.
Rehabilitation und Nachsorge
Unmittelbare Komplikationen werden während des stationären Aufenthaltes behandelt und Patient*innen werden grundsätzlich erst entlassen, wenn stabile allgemeine und spezifische Gesundheitsverhältnisse vorliegen. Im postoperativen Verlauf kann es sich als sehr hilfreich erweisen, das Angebot einer psychoonkologischen Begleitung in Anspruch zu nehmen. Mittelfristig können dennoch Beschwerden auftreten, die häufig durch kleine Schritte der medikamentösen Abstimmung oder symptomatisch behandelt werden können. Wir informieren grundsätzlich die weiterbehandelnden Ärzt*innen telefonisch, um einen direkten Kontakt herzustellen und eventuelle Probleme frühzeitig zu identifizieren.
Über die unmittelbaren postoperativen Nachsorgeempfehlungen hinaus existieren in den Leitlinien zur Behandlung von Speiseröhrenkrebs klare Empfehlungen für eine engmaschige Nachsorge. Sie werden auch im Entlassbrief mitgeteilt.
Auch bei sehr frühen Stadien (T1/T2) empfehlen wir eine Kontrolluntersuchung nach spätestens drei Monaten mit Laborkontrolle, Ultraschall und klinischer Untersuchung.
Danach empfiehlt es sich, die engmaschige Nachsorge alle drei Monate über die Dauer von bis zu zwei Jahren beizubehalten, und danach jährlich erst auf sechs, dann auf zwölf Monate auszudehnen.
Kalter Schilddrüsenknoten
Auf verschiedene Arten können in der Schilddrüse sogenannte kalte Knoten entstehen. Diese Schilddrüsenknoten können gutartig, aber auch bösartig sein. Die Wahrscheinlichkeit für Bösartigkeit ist erhöht.
Struma
Eine Struma, auch Kropf genannt, ist eine deutliche, meist knotige Vergrößerung der Schilddrüse mit einer Über- oder Unterfunktion. Als Hauptursache gilt in unseren Breiten ein nahezu ausnahmslos bestehender Jodmangel. Daraus resultiert die ungenügende Bereitstellung von Schilddrüsenhormonen. Sie soll durch eine vermehrte Produktion in einer immer größer wachsenden Schilddrüse ausgeglichen werden. Eine Operation bei einer knotigen Struma kommt bei einer Schilddrüsenüberfunktion, der Hyperthyreose, aber auch bei lokalen Druckerscheinungen mit Schluckbeschwerden oder Atemnot in Frage.
Funktionelle Störungen der Schilddrüse
Über – oder Unterfunktionen der Schilddrüse können durch eine Vielzahl von Erkrankungen hervorgerufen werden. Allerdings sollten diese immer behandelt werden, da eine korrekte Schilddrüsenfunktion wichtig für den gesamten Stoffwechsel ist (Verlinkung Unterpunkt Behandlung oben).
Schilddrüsenkarzinom
Eine bösartige Erkrankung der Schilddrüse wird als Schilddrüsenkrebs bezeichnet. Ziel der Therapie ist stets die chirurgische Entfernung der befallenen Abschnitte, häufig auch der kompletten Schilddrüse. Allerdings ist dies nicht in allen Situationen realisierbar. Daher muss die Therapie interdisziplinär ausgerichtet werden und basiert auf drei Säulen, der Chirurgie, der Radiojodtherapie und der lebenslangen Hormonsubstitution. Bis auf wenige Ausnahmen werden auch die Lymphknoten um die Schilddrüse entfernt. Zusätzlich muss eine Nachsorge mit regelmäßigen Kontrolluntersuchungen angeschlossen werden. Die Therapieschritte nach dem chirurgischen Eingriff werden durch unsere Kooperationspartner der Nuklearmedizin, der Endokrinologie und gegebenenfalls auch der Onkologie vorgenommen.
Erkrankungen der Nebenschilddrüse
Hyperparathyreoidismus
Als Hyperparathyreoidismus wird eine erhöhte Sekretion von Parathormon bezeichnet, die mit normalen oder erhöhten Serumkalziumspiegeln einhergeht. Es handelt sich um eine Überfunktion der Nebenschilddrüsen. Als Ursache liegen in 80 bis 85 % der Fälle gutartige Drüsenknötchen (Nebenschilddrüsenadenome) vor, in geringem Maße sind diese an mehreren Stellen oder in allen (in der Regel vier) Nebenschilddrüsen lokalisiert.
Noch seltener gibt es Syndrome mit kombinierter überschießender Hormon-Produktion (MEN-Syndrom) oder auch bösartige Veränderungen der Nebenschilddrüse. Der Hyperparathyreoidismus kann auch als Folge eines Eingriffs in den Hormon- oder Elektrolythaushalt, beispielsweise bei Nierenfunktionsverlust und Dialysepflicht, entstehen und sich verselbstständigen. In allen Fällen ist ein chirurgischer Eingriff anzustreben, da ansonsten schwere Defizite im Calcium- und Phosphathaushalt des Körpers entstehen können.
Behandlung
Die chirurgische Vorgehensweise zur Behandlung von Nebenschilddrüsenadenomen ähnelt sehr der Vorgehensweise bei Schilddrüsenveränderungen. Die Schilddrüse wird lediglich in der Operation mobilisiert, um an die betreffende Nebenschilddrüse zu gelangen. Diese wird dann auch aus ihrem Bett isoliert und entfernt. Entscheidend ist hierbei eine genaue Diagnostik im Vorfeld, um während der Operation zu wissen, welche der Nebenschilddrüsen (von in der Regel vier) ursächlich für die Hormonproduktion ist. Während der Operation wird als Therapiekontrolle der Parathormonspiegel bestimmt.
Nebenschilddrüsenkarzinom
Eine bösartige Erkrankung der Neben-Schilddrüse wird als Nebenschilddrüsenkarzinom bezeichnet und ist extrem selten. Sollte dies bei einer Entfernung der Nebenschilddrüse entdeckt werden und zu diesem Zeitpunkt nicht durch eine Streuung aufgefallen sein, muss eine gezielte Diagnostik, fast wie eine Rasterfahndung angestrebt werden, um etwaige Absiedlungen zu detektieren. Diese sollten, wenn möglich entfernt werden um etwaige Calcium-Stoffwechselstörungen zu verhindern.