Bauchspeicheldrüsenkrebs
Für die meisten Menschen ist die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs ein Schock. Doch ein Pankreaskarzinom lässt sich in vielen Fällen erfolgreich behandeln, in der Regel ist dazu eine Entfernung des Tumors nötig. Aktuell verbessern zahlreiche wissenschaftliche Studien die Behandlungsmöglichkeiten und erhöhen die Erfolgschancen einer Therapie bei Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Grundsätzlich kann man feststellen: Wenn ein Pankreaskarzinom operiert werden kann, verbessert sich die Prognose deutlich. Erkennt man Bauchspeicheldrüsenkrebs, bevor er in andere Organe streut oder in nicht ersetzbare Blutgefäße wächst, ist seine Entfernung auch durch eine Operation möglich.
Die Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie bietet sämtliche operative Eingriffe an der Bauchspeicheldrüse an. Wir operieren am Klinikum Ingolstadt in hoher Zahl und deswegen mit großer Erfahrung bösartige und gutartige Tumoren des Pankreas.
Anatomie
Das Pankreas ist die größte Drüse des menschlichen Körpers und liegt im Oberbauch hinter dem Magen im sogenannten Retroperitoneum, auch Hinterfell genannt. Es setzt sich aus dem Kopf, dem Körper und Schwanz zusammen. Der Zwölffingerdarm legt sich C-förmig um den Pankreaskopf.
Die Bauchspeicheldrüse erfüllt zwei lebenswichtige Funktionen: Das Pankreas gibt die Verdauungsenzyme Amylase und Lipase über den Pankreasgang, welcher an seinem Ende parallel zum Gallengang läuft, in den Zwölffingerdarm (Duodenum) ab. Zudem wird durch die Inselzellen im Pankreas Insulin und Glukagon produziert und freigesetzt, so dass die Blutzuckerspiegel-Regulation von der Bauchspeicheldrüse abhängt.
Ursachen und Risikofaktoren
Zur Entstehung von Bauchspeicheldrüsenkrebs können verschiedene Faktoren beitragen. Wie alle bösartigen Tumore geht das Pankreaskarzinom auf genetische Veränderungen zurück. Warum es zu solchen Veränderungen kommt, ist bis heute wissenschaftlich noch nicht eindeutig geklärt. Eine Reihe von Faktoren erhöhen möglicherweise das Risiko, an Bauchspeicheldrüsenkrebs zu erkranken:
- Zigarettenkonsum
- Alkoholkonsum
- chronische Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis)
- höheres Alter: Die meisten Betroffenen erkranken im höheren Lebensalter: Das mittlere Erkrankungsalter liegt für Männer bei 72, für Frauen bei 76 Jahren
- Geschlecht: Männer erkranken jedes Jahr mit 25,9 von 100.000 Personen etwas häufiger an Bauchspeicheldrüsenkrebs als Frauen (24,5 von 100.000).
- Fleisch-, cholesterin- und nitrosaminhaltige Ernährung scheinen das Risiko ebenfalls zu erhöhen.
Heilungschancen
Das Pankreaskarzinom lässt sich in vielen Fällen erfolgreich behandeln, in der Regel ist dazu eine Entfernung des Tumors nötig. Wenn ein Bauchspeicheldrüsenkrebs operiert werden kann, verbessert sich die Prognose deutlich. Das Überleben gesehen auf eine Zeitdauer von fünf Jahren liegt dann bei ca. 27 Prozent, während beim lokal fortgeschrittenen inoperablen oder metastasierten Pankreaskarzinom von einer durchschnittlichen Überlebensdauer von sechs bis elf bzw. zwei bis sechs Monaten ausgegangen werden muss.
Wir prüfen in einer fachlich erfahrenen, interdisziplinären Tumorkonferenz, ob Patient*innen operiert werden können bzw. für eine vorbereitende (neoadjuvante) oder unterstützende Therapie (adjuvante) in Frage kommen. Eine vollständige Entfernung des Tumors erhöht die Überlebensprognose deutlich.
Symptome
Warum ist Bauchspeicheldrüsenkrebs gefährlich? Seine Symptome treten erst relativ spät auf und sind eher unspezifisch. Eine Frühdiagnose ist damit schwierig. Beschwerden wie Bauch- und Rückenschmerzen, wie sie zum Beispiel bei einem Pankreaskarzinom vorkommen, können auch völlig andere Ursachen haben.
Symptome treten meist erst dann auf, wenn der Tumor so groß geworden ist, dass er die Produktion der Verdauungsenzyme oder deren Abfluss in den Zwölffingerdarm behindert oder wenn er bereits auf andere Organe wie Magen, Zwölffingerdarm, Leber oder Bauchfell übergegriffen hat. Dann können Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen, Appetitmangel, Verdauungsstörungen, Gewichtsverlust oder Druckgefühl im Oberbauch die Folge sein.
Da sich die Bauchspeicheldrüse unmittelbar vor der Wirbelsäule befindet, können Erkrankungen des Organs zu Rückenschmerzen führen, die sich vor allem in Rückenlage verstärken. Gürtelförmige Schmerzen im Oberbauch, die vom Rücken her ausstrahlen, sind ein Signal, das dringend abgeklärt werden sollte.
Auch eine Gelbfärbung von Haut und Augen sollten Sie von einem Arzt untersuchen lassen. Der Gallengang führt in der Regel ein Stück weit durch den Pankreaskopf, bevor er, gemeinsam mit dem Pankreasgang, in den Zwölffingerdarm mündet. Ist dieser Weg verstopft und damit der Gallenabfluss behindert, kommt es zu der typischen Gelbverfärbung der Haut und des Augenweißes. Der Urin ist dunkel, der Stuhlgang hell gefärbt.
Ein weiteres Symptom kann in manchen Fällen das Auftreten von Diabetes Mellitus sein.
Mangelnde oder fehlende Insulinproduktion durch die Bauchspeicheldrüse ruft die Zuckerkrankheit hervor.
Untersuchung und Diagnose
Die Abklärung und gezielte Untersuchung wird am Klinikum Ingolstadt in der überwiegenden Zahl der Fälle durch die Klinik für Gastroenterologie mit Hepatologie und Infektiologie, Diabetologie und Hämato-Onkologie vorgenommen. Sofern die primäre Vorstellung in der Chirurgie stattfindet, veranlassen wir alle weiteren Schritte für die Diagnostik. Nach einem ausführlichen Untersuchungsgespräch führen wir mehrere diagnostische Schritte durch, um den Verdacht auf Bauchspeicheldrüsenkrebs abzuklären: Wir bestimmen Tumormarker im Blut, um eine erste Orientierung zu gewinnen, und erstellen eine Computertomographie (CT), um eventuelle Knoten im Gewebe aufzuspüren.
Wir entnehmen Gewebeproben aus dem Tumor, um diesen auf Krebszellen in unseren Speziallabors untersuchen zu lassen. Diese Punktionen, um Gewebeproben zu erhalten, führen wir so schonend wie möglich durch.
Zum Teil können wir Punktionen im Rahmen einer Endoskopie, bei der ein feiner Kunststoffschlauch über die Speiseröhre eingeführt wird, vornehmen.
Mittels des Endoskops bringen wir nicht nur Licht und Kamera, sondern auch ein Ultraschallgerät und eine Zange an die betroffenen Stellen und können Gewebe entnehmen.
Auch mittels CT gesteuerte Punktionen durch die Bauchdecke sind in unserer Radiologie möglich, um sowohl von dem Ersttumor als auch von möglicherweise vorhandenen Tochtergeschwüren, den Metastasen, Proben zu entnehmen.
Entwicklung des Bauchspeicheldrüsenkrebs und Tumorarten
Zunächst ist der Tumor auf die Bauchspeicheldrüse beschränkt. Wenn der Tumor größer wird, kann er jedoch auch nahegelegenes Gewebe, Lymphknoten oder andere Organe befallen, so z.B. – je nach Lage innerhalb der Bauchspeicheldrüse – den Zwölffingerdarm, den Gallengang, die Milz, den Magen oder den Dickdarm. In manchen Fällen befällt ein Pankreaskarzinom auch Blutgefäße im Bauchraum. Über Blutbahnen und Lymphgefäße können einzelne Krebszellen wandern. Dort können sie sich ansiedeln und erneut vermehren. Es entstehen Tochtergeschwülste (Metastasen). Sie treten beim Pankreaskarzinom am häufigsten in Leber, Lunge und Knochen auf.
Der Verlauf der Erkrankung hängt im Wesentlichen davon ab, an welcher Form des Pankreaskarzinoms der Patient erkrankt ist:
Auch große Tumoren können oft noch chirurgisch entfernt werden. So genannte endokrine Tumoren der Bauchspeicheldrüse (die von einem Drüsengewebe ausgehen) wachsen in der Regel sehr langsam und bilden auch nur sehr langsam Tochtergeschwülste aus.
Behandlung
Wie bei anderen Tumorerkrankungen ist eine vollständige Entfernung des Pankreastumors das Ziel des chirurgischen Eingriffs.
Folgende Konstellationen sind denkbar:
Das Karzinom der Bauchspeicheldrüse erweist sich als
- chirurgisch entfernbar (resektabel)
- grenzwertig (borderline) chirurgisch entfernbar (resektabel)
- lokal fortgeschritten (primär nicht resektabel)
Eingriffe an der Bauchspeicheldrüse sind große Bauchoperationen und haben aufgrund einer Vielzahl von Verbindungen der Bauchspeicheldrüse zu Blut- und Nervenbahnen spezifische Risiken. Zur Absicherung ist ein interdisziplinäres Management potentieller Komplikationen nötig. Am Klinikum Ingolstadt sind diese strukturellen Voraussetzungen auf höchstem Niveau gegeben.
Durch eine Vorbereitung des Eingriffs (z.B. Beseitigung einer Gallenstauung, auch Cholestase genannt) und den Ausgleich eines Ernährungsdefizits können die Erfolgschancen eines Eingriffs verbessert werden. Sollte sich hierbei eine Möglichkeit der ambulanten Vorbereitung ergeben, würden wir diese gerne mit der zuweisenden Ärzt*in umsetzen.
Auch eine vorbereitende Therapie wie z. B. eine Chemotherapie wird nach der Entscheidung im interdisziplinären Tumorboard im Austausch mit unseren zuweisenden Ärzt*innen durchgeführt.
Bösartige Tumore des Pankreas
Klassischerweise werden bösartige Tumoren des Pankreas jeweils nach den individuellen Erfordernissen therapiert als:
- Pylorus-erhaltende Duodeno-Pankreatektomie (PPDP), bei der auf die teilweise Entfernung des Magens verzichtet wird
- klassische Whipple’sche Operation, bei der die Bauchspeicheldrüse mit Zwölffingerdarm, Gallengang, Gallenblase, Magenpförtner und einem 2/3 Magenanteil entfernt wird
- Pankreaslinksresektion, mit der ein Teil des Pankreasschwanzes und ein Teil des Pankreaskörpers entfernt wird
Aufgrund der engen räumlichen Beziehung werden auch bösartige Tumore des Gallenganges und des Zwölffingerdarms mit den gleichen Techniken operiert wie der Krebs der Bauchspeicheldrüse.
Für Patient*innen mit primär nicht (sinnvoll) entfernbaren Tumoren der Bauchspeicheldrüse kann eine hochdosierte Chemotherapie angezeigt sein, um die Operationschancen anschließend durch verschiedene Diagnoseverfahren zu klären.
Gutartige Tumore der Bauchspeicheldrüse
Gutartige (benigne) Tumore des Pankreas werden organerhaltend operiert. Je nach Größe des Befundes erfolgt eine
- Entfernung eines abgegrenzten Gewebebereichs (Enukleation) oder eine
- organsparende Entfernung (Pankreassegmentresektion)
Auf diese Weise wird das postoperative Risiko deutlich minimiert.
Eine Zwischenstellung nehmen die zystischen Pankreastumore ein. Unter diesen sind gutartige, aber auch bösartige Tumore. Es existieren Kriterien in der CT-Bildgebung (Sendai-Kriterien), die ein bösartiges Wachstum nahelegen, allerdings kann dies nicht immer mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden. Daher gibt es die Möglichkeit in unklaren Fällen eine Verlaufsbeobachtung vorzunehmen. Lässt sich dabei ein bösartiger Tumor nicht ausschließen, sollte im Zweifelsfall eine Operation unter den gleichen Gesichtspunkten wie bei einem bösartigen Tumor vorgenommen werden.
Rehabilitation und Nachsorge
Unmittelbare Komplikationen werden während des stationären Aufenthaltes behandelt und Patient*innen werden grundsätzlich erst entlassen, wenn stabile allgemeine und spezifische Gesundheitsverhältnisse vorliegen. Mittelfristig können dennoch Beschwerden nach Pankreaseingriffen auftreten, die häufig durch kleine Schritte der medikamentösen Abstimmung oder symptomatisch behandelt werden können. Im postoperativen Verlauf kann es sich als sehr hilfreich erweisen, das Angebot einer psychoonkologischen Begleitung in Anspruch zu nehmen. In jedem Falle stehen wir für Auskünfte und Beratung in diesen Fällen jederzeit zur Verfügung.
Prinzipiell halten wir in jedem Fall eine telefonische Information der weiterbehandelnden Ärzt*in für nötig, um eventuelle Probleme frühzeitig zu identifizieren und mit uns wieder in Kontakt treten zu können.
Über die unmittelbaren postoperativen Nachsorgeempfehlungen hinaus existieren seitens der Leitlinien empfohlenen Nachsorgeintervalle.
Auch bei sehr frühen Stadien (T1/T2) empfehlen wir eine Kontrolluntersuchung nach spätestens drei Monaten mit Laborkontrolle, Ultraschall und klinischer Untersuchung. Danach empfiehlt es sich, die engmaschige Nachsorge alle drei Monate zwei Jahre lang beizubehalten und danach jährlich erst auf sechs, dann auf zwölf Monate auszudehnen.
Lebensqualität nach der Operation
Die Untersuchung der Lebensqualität nach Whipple’scher Operation ist an vielen Zentren untersucht worden. Nach einer Erholungsphase von ca. drei Monaten zeigten die Ergebnisse übereinstimmend eine gute Lebensqualität, die sich nur geringfügig von Patient*innen unterschied, bei denen eine operative Entfernung der Gallenblase durchgeführt wurde. Eine entscheidende Voraussetzung dafür ist die Einnahme von Pankreasenzymen in Tablettenform zu jeder Mahlzeit. Auf diese Weise kann die Funktion der Bauchspeicheldrüse ersetzt werden, so dass es zu einer enzymatischen Aufschlüsselung der Nahrungsbestandteile kommt. Dennoch wird bei vielen Patient*innen ein Gewichtsverlust von einigen Kilogramm beobachtet. Das Gewicht stabilisiert sich jedoch auf einem etwas niedrigeren Niveau und bleibt dann stabil.