Endokrine Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse
An der Bauchspeicheldrüse können auch gutartige – oder besser ausgedrückt – nicht bösartige Erkrankungen auftreten, die jedoch langfristig das Wohlbefinden und die Gesundheit maßgeblich beeinflussen können. Diese Funktionsstörungen können durch ihre Hormonproduktion (sogenannte benigne neuroendokrine Tumore der Bauchspeicheldrüse) oder durch ihre anatomischen und mechanischen Eigenschaften (z.B. Druck auf Nachbarstrukturen oder Blutgefäße) problematische Auswirkungen haben oder zu Schmerzen führen.
Die chirurgischen Techniken, die bei diesen Erkrankungen zum Einsatz kommen, sind weit weniger invasiv als Techniken, die zur Behandlung bösartiger Tumore erforderlich sind.
Die bekannteste und bedeutendste endokrine Erkrankung der Bauchspeicheldrüse – der Diabetes mellitus – kann unter Umständen durch eine Bauchspeicheldrüsentransplantation behandelt werden.
Obwohl neuroendokrine Tumore deutlich häufiger bösartig sind, und dann den gleichen Behandlungsempfehlungen unterliegen, wie für Bauchspeicheldrüsenkrebs, existieren einige seltene endokrine Erkrankungen, denen im Allgemeinen ein gutartiger Charakter zugesprochen wird und die sehr selten vorkommen.
Hierzu zählen das
- Insulinom – ein Tumor, der Insulin produziert und als gut abgrenzbarer Tumor in der Bauchspeicheldrüse wächst.
- Glukagonom – ein Tumor der Glukagon, der hormonelle Gegenspieler von Insulin, produziert und als gut abgrenzbarer Tumor in der Bauchspeicheldrüse wächst.
Syndrome wie das
- Zollinger-Ellison-Syndrom, das von einer überschießenden Produktion von Gastrin begleitet ist, einem Hormon, das die Magensäureproduktion steuert. Die Folge sind Magen- und Dünndarmgeschwüre.
- Verner-Morrison-Syndrom, das durch eine überschießende Produktion des Hormons VIP gekennzeichnet ist. Dieses kann von gut- oder bösartigen Tumoren (Bauchspeicheldrüsenkrebs) der Bauchspeicheldrüse ausgehen.
- MEN-Syndrom. Multiple endokrine Neoplasien (MEN) sind ein Oberbegriff für mehrere seltene Erbkrankheiten. Sie sind eine Kombination aus Geschwulstbildung und überschießender Hormonproduktion, die in verschiedenen Organen lokalisiert ist.
- Zystische Tumore der Bauchspeicheldrüse weisen eine sehr hohe Bandbreite an möglichen zugrundeliegenden Erkrankungen auf. Leider existiert keine sichere Methode, gutartige von bösartigen zystischen Veränderungen zu unterscheiden. Allerdings wurden bereits vor Jahren an der Universität von Sendai/Japan bestimmte Charakteristika von zystischen Veränderungen des Pankreas identifiziert (sog. Sendai-Kriterien), die eine intrapankreatische muzinöse Neoplasie (IPMN) anzeigen. Diese gelten als Vorläufer für die Entstehung von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Außerdem existieren auch primär bösartige zystische Pankreastumore.
Darüber hinaus gibt es akute und chronische Entzündungen der Bauchspeicheldrüse, die unter bestimmten Umständen chirurgisch behandelt werden müssen.
Anatomie
Die anatomischen Grundlagen finden Sie unter Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Ursachen und Risikofaktoren
Für die allermeisten der gutartigen Veränderungen (auch Läsionen genannt) der Bauchspeicheldrüse gibt es keine Risikofaktoren. Zystische Veränderungen der Bauchspeicheldrüse können im Rahmen von Erberkrankungen auffällig werden, bei denen in verschiedenen Organen Zysten auftreten.
Akute Entzündungen können durch Gallensteine ausgelöst werden, die den Ausführungsgang der Bauchspeicheldrüse verstopfen und dann zu einem Sekretstau mit Selbstverdauung der Bauchspeicheldrüse führen. Gleiches kann jedoch durch übermäßigen Genuss schädlicher Nahrungsmittel, allem voran Alkohol, verursacht werden.
Langjähriger übermäßiger Alkoholkonsum kann zu einer chronischen Entzündung und narbigen Veränderung der Bauchspeicheldrüse führen, bei der es durch einen Aufstau des Bauchspeicheldrüsensekrets zu sehr ausgeprägten Schmerzen kommen kann.
Heilungschancen
Bei gutartigen Veränderungen lassen sich die Heilungschancen nicht in Zahlen ausdrücken, da es sich um eine Vielzahl von verschiedenen Erkrankungen und Behandlungsstrategien handelt. Das klare Ziel der Behandlung ist die komplette Beseitigung des zugrundeliegenden Problems. Dies gelingt in nahezu allen Fällen.
Etwa 80 % der Menschen, die wegen einer akuten Entzündung der Bauchspeicheldrüse behandelt werden, haben sie nach etwa ein bis zwei Wochen überstanden. Bei ungefähr 20 % treten ernsthafte Folgen auf: Es kann zum Beispiel ein Teil der Bauchspeicheldrüse absterben und das Gewebe mit Bakterien infizieren.
Symptome
Die Symptome können variieren und hängen bei den hormonproduzierenden Funktionsstörungen von den Auswirkungen des im Übermaß vorhandenen Hormons ab. Symptome wie Hitzewallungen, ständige Abgeschlagenheit oder auch Veränderungen der Magendarmtätigkeit können dabei auftreten. Darüber hinaus sind Oberbauchschmerzen oft ein Hinweis auf eine Veränderung im Bereich der Bauchspeicheldrüse. Bei der chronischen Pankreatitis können die Schmerzen erhebliche Ausmaße annehmen.
Untersuchung und Diagnose
Die Abklärung und Untersuchung läuft in mehreren Schritten ab. Da die subjektiv wahrgenommenen Beschwerden entscheidend für die Indikationsstellung zur Operation und auch für den Therapieerfolg sind, ist die genaue Erhebung der Krankengeschichte sehr wichtig. Sollten sich Anhaltspunkte für eine übermäßige Hormonbildung ergeben, muss eine differenzierte Labordiagnostik erfolgen, in der nach dem betreffenden Hormon gesucht wird.
Eine Ultraschalluntersuchung kann bereits Hinweise auf die Erkrankungen geben bzw. eine Verdachtsdiagnose erhärten. Standard bleiben jedoch die schichtbildgebenden Verfahren der Computertomografie oder der Magnetresonanztomografie, wie sie am Klinikum Ingolstadt möglich sind. Gelegentlich kann jedoch, um weitere Herde einer hormonbildenden Erkrankung zu suchen oder auszuschließen, eine spezielle nuklearmedizinische Diagnostik (eine sogenannte Positronen-Emissionstomografie) erforderlich sein.
Behandlung
Die chirurgische Behandlung der beschriebenen Störungen sollte erst erfolgen, wenn ein sicheres Behandlungskonzept vorliegt. Dies bedeutet, dass die Diagnose eindeutig gestellt ist, ein klares Konzept vorliegt und ein Therapieerfolg angenommen werden kann.
Neuroendokrine Funktionsstörungen, die auf eine einzelne Ursache zurückgehen, oder Tumore können mit einer Ausschälung aus der Bauchspeicheldrüse oder unter Umständen mit einer Pankreassegmentresektion behandelt werden. Darunter versteht man die Entfernung eines Teils der Bauchspeicheldrüse. Sollten Funktionsstörungen mit mehreren Ursachen zugrunde liegen, muss eine anatomische Entfernung erfolgen, ähnlich zu den Operationen bei bösartigen Tumoren.
Erster Schritt zur Behandlung der chronischen Pankreatitis ist die Ausschöpfung konservativer Therapiemöglichkeiten. Hierzu gehört der strikte Verzicht auf Alkohol, symptomatische Therapie mit angepasster Schmerzmedikation und die Einnahme von Verdauungsenzymen (z.B. Pankreon). Bei fortbestehenden Schmerzen, aber auch bei schrittweisem Funktionsverlust der Bauchspeicheldrüse sollte eine Operation vorgenommen werden.
Die Operation zielt auf die chirurgische Entfernung des vernarbten Pankreasgewebes unter Einbeziehung des Pankreasgangs oder auch des Gallengangs ab. So wird der Abfluss der beiden Gangstrukturen hergestellt und der schmerzauslösende Aufstau beseitigt. Die teilweise Entfernung der Bauchspeicheldrüse mit dem Zwölffingerdarm (Duodenopankreatektomie, Operation nach Whipple) wie bei bösartigen Tumoren ist nur in Ausnahmefällen oder bei Verdacht einer bösartigen Veränderung in der Entzündung notwendig.
Eine Sonderstellung nehmen die zystischen Pankreastumore ein. Unter diesen sind gutartige, aber auch bösartige Tumore. Es existieren Kriterien in der CT-Bildgebung (Sendai-Kriterien), die ein bösartiges Wachstum nahelegen, allerdings kann dies nicht immer mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden. Daher gibt es die Möglichkeit in unklaren Fällen eine Verlaufsbeobachtung vorzunehmen. Lässt sich durch die Kombination aus Symptomatik und den genannten Kriterien ein bösartiges Geschehen nicht ausschließen, sollte im Zweifelsfall eine Operation unter den gleichen Gesichtspunkten wie bei einem bösartigen Tumor vorgenommen werden.
Ebenfalls eine gutartige, aber sehr gefährliche Erkrankung, ist die akute Pankreatitis.
Bei Abflussstörung im Pankreasgangsystem besteht die Gefahr, dass die aktivierten Verdauungsenzyme das eigene Organ angreifen. Es kommt hierbei zunächst zu einer Schwellung, welche den Abfluss zusätzlich behindert. Im weiteren Verlauf kann es dann zunehmend zu einer Selbstverdauung und Auflösung des Organs kommen, wodurch die Verdauungsenzyme dann auch in die freie Bauchhöhle austreten können. Dieses fortgeschrittene Stadium der akuten Pankreatitis stellt auch heute noch ein lebensbedrohliches Krankheitsbild dar.
Die Therapie der akuten Pankreatitis erfolgt in nahezu allen Situationen konservativ, erfordert aber eine sehr engmaschige und genaue Überwachung des Herz-Kreislaufsystems, der Atemfunktion und der Laborwerte im Verlauf. Ein Verzicht auf Nahrung reduziert die Sekretproduktion der Bauchspeicheldrüse, ausreichende Zufuhr von Flüssigkeit führt zur Stabilisierung des Kreislaufs und zur Verbesserung der Mikrozirkulation. Antibiotika werden zur Prävention einer Infektion der Bauchspeicheldrüse bzw. der Flüssigkeitsareale um die Bauchspeicheldrüse gegeben.
In der Regel werden keine operativen Maßnahmen im engeren Sinne erforderlich. Allerdings kann es notwendig werden, verflüssigte Gewebeareale und Einlagerungen von Gewebewasser mittels CT-gesteuerter Punktion zu entlasten. Die Indikation hierfür ist der Verdacht auf infizierte Nekrosen.
Erst wenn es zu einer nachgewiesenen Infektion von abgestorbenen Gewebearealen gekommen ist, die durch die CT gesteuerte Punktion nicht beherrscht werden können, sollte die Infektion chirurgisch behandelt werden. Das genaue Vorgehen richtet sich hier nach der individuellen Situation der Patient*in.
Rehabilitation und Nachsorge
Eine Rehabilitation oder Anschlussheilbehandlung ist nach Operationen an der Bauchspeicheldrüse zu empfehlen. Dies ermöglicht die körperliche Erholung, bei der vor allem die regelhafte Ernährung und Verdauung im Fokus stehen sollte.
Eine Nachsorge ist nach Operation bei gutartigen Veränderungen nur innerhalb des ersten Jahres zur Sicherstellung des technischen Therapieerfolgs zu empfehlen. Wenn keine weiteren Beschwerden mehr vorliegen, ist keine weitere Nachsorge mehr erforderlich.
Lebensqualität nach der Operation
Ziel des chirurgischen Eingriffs an der Bauchspeicheldrüse ist die Beseitigung von Beschwerden und von Schmerzen. Dies implementiert eine Steigerung der Lebensqualität. Sollte der Therapieerfolg nicht eintreten, muss eine gezielte Nachbehandlung diskutiert werden.