Speiseröhrenkrebs
Speiseröhrenkrebs ist in Deutschland eine relativ seltene Tumorerkrankung. Karzinome können sich an den verschiedensten Stellen in der Speiseröhre (Ösophagus) entwickeln. Nach dem Gewebe, aus dem der Krebs entsteht, unterscheidet man zwei Hauptformen: das Plattenepithel- und das Adenokarzinom. Auch Tumore, die am Übergang von der Speiseröhre in den Magen entstehen, zählen als Speiseröhrenkrebs.
Das Durchschnittsalter der Erkrankten beträgt bei Männern 67 Jahre und bei Frauen 71 Jahre. Seit einigen Jahren nimmt diese Erkrankung bei jüngeren Patient*innen zu, die besonders von dem Typ am Übergang zum Magen betroffen sind.
Anatomie
Die Speiseröhre (Ösophagus) verbindet den Schlund mit dem Magen. Die Länge beträgt zwischen 25 und 30 cm. Es wird ein kurzer Halsteil, ein längerer Brustteil und der kurze Bauchanteil der Speiseröhre unterschieden. Die Speiseröhre weist drei physiologische Engen auf. Diese werden durch den Kehlkopf, durch den Aortenbogen und durch die Durchtrittstelle am Zwerchfell gebildet.
Ursachen und Risikofaktoren
Ein Plattenepithelkarzinom der Speiseröhre entwickelt sich in der oberen Schicht der Speiseröhrenschleimhaut, die auch als Plattenepithel bezeichnet wird. Sie machen weniger als die Hälfte aller Tumoren der Speiseröhre aus und können entlang der gesamten Speiseröhre, meist jedoch im oberen und mittleren Drittel der Speiseröhre, entstehen.
Adenokarzinome entstehen aus drüsigen Schleimhautzellen und befinden sich im unteren Drittel der Speiseröhre und im Übergang zum Magen. Adenokarzinome in der unteren Speiseröhre und im Mageneingang (Kardiakarzinome) werden als Adenokarzinome des ösophago-gastralen Übergangs (abgekürzt AEG) bezeichnet. Auch diese Tumoren gehören zum Speiseröhrenkrebs.
Das Plattenepithelkarzinom hat seine Ursache in einer toxischen Schädigung, die häufig durch entsprechende Lebens- und Ernährungsgewohnheiten hervorgerufen wird. Hierzu zählen insbesondere Alkohol- und Nikotinmissbrauch, aber auch der übermäßige Genuss sehr heißer Getränke (z. B. Mate-Tee).
Das Adenokarzinom entwickelt sich durch einen chronischen Entzündungsprozess in der unteren Speiseröhre, der durch das Zurückfließen von saurem oder galligem Mageninhalt ausgelöst und unterhalten wird. Dieser Entzündungsprozess führt über mehrere Jahre zuerst zu einer Umwandlung der Speiseröhrenschleimhaut (Metaplasie). Im weiteren zeitlichen Verlauf kann daraus Speiseröhrenkrebs entstehen. Die Ursache für diesen Reflux ist, neben Störungen der Magenbewegung (Peristaltik), ein unzureichender Verschluss der Speiseröhre durch den unteren Schließmuskel. Diese Art von Tumor breitet sich über die Übergangszone von der Speiseröhre in den Magen aus. Je nach Bezug zur Trennlinie zwischen Schleimhautauskleidung der Speiseröhre und des Magens erfordert er eine sehr genaue Einstufung (Klassifikation nach Siewert 1-3).
Symptome
Für beide Speiseröhrenkarzinome gilt, dass sie erst spät zu spezifischen Beschwerden führen wie Schluckstörungen mit Fremdkörpergefühl und Brennen hinter dem Brustbein. Gewichtsverlust, Schmerzen und Heiserkeit können auftreten, falls der Speiseröhrenkrebs schon fortgeschritten ist. Krebserkrankungen der Speiseröhre werden leider oft erst in einem fortgeschrittenen Stadium festgestellt.
Untersuchung und Diagnose
Am Anfang steht eine Spiegelung der Speiseröhre. Dabei untersucht der Arzt mit einem Endoskop (einer Art Schlauch), an dessen Spitze eine Kamera sitzt, die Speiseröhre. Stellt er Veränderungen des Gewebes fest, kann er Proben entnehmen, die im Labor untersucht werden, ob sich dort Krebszellen finden.
Bestätigt sich der Verdacht, kann mit bildgebenden Verfahren im Klinikum Ingolstadt bzw. verbundenen Einrichtungen die Ausbreitung des Speiseröhrenkrebses untersucht und bestimmt werden. Dafür kommen in Frage:
- Endoskopischer Ultraschall: Der endoskopische Ultraschall gleicht vom Ablauf her der Spiegelung der Speiseröhre. Der Unterschied: Beim endoskopischen Ultraschall befindet sich ein Ultraschallkopf an der Spitze des Untersuchungsschlauchs.
- Ultraschall
- Computertomographie
- Magnetresonanztomographie
- Positronenemissionstomographie (PET)
- Röntgen
- Spiegelung der Luftröhre und Bronchien (Bronchoskopie)
- Bauchspiegelung (Laparoskopie)
Behandlung
Das Ziel ist, den Speiseröhrenkrebs vollständig zu entfernen und damit die Krankheit zu heilen. Der Umfang der Operation richtet sich nach der Lage des Tumors in der Speiseröhre und nach dem Stadium der Krebserkrankung. Falls er in einem frühen Stadium auf die oberflächlichen Anteile der Speiseröhrenschleimhaut begrenzt ist, kann möglicherweise die Speiseröhre erhalten und der Tumor endoskopisch entfernt werden. Dazu wird ein schlauchartiges Instrument durch die Speiseröhre bis zum Tumor vorgeschoben.
In der Mehrheit der Fälle ist es jedoch notwendig, die Speiseröhre vollständig oder zumindest teilweise operativ zu entfernen, um das Tumorgewebe und die umgebenden Lymphknoten komplett zu beseitigen. Der Tumor in der Speiseröhre wird mit einem Sicherheitsabstand im gesunden Gewebe operiert. Das bedeutet, dass die Chirurg*in nicht nur den Tumor selbst, sondern über dessen Grenzen hinaus gesundes Gewebe entfernt, um sicherzustellen, dass keine Tumorzellen im Körper verbleiben.
Für die Operation wählt die Chirurg*in einen Zugang über den Bauchraum (laparoskopisches Verfahren) und/oder den Brustkorb (thorakoskopisches Verfahren). Eine Eröffnung von zwei Körperhöhlen ist ein großer Eingriff mit entsprechenden Risiken. Aufgrund dessen kann es vorteilhaft sein, anstatt der Eröffnung des Brustkorbs einen kleineren, weniger belastenden Zugang am Hals links zu wählen. Bei sehr tief Richtung Magen sitzenden Tumoren kann auch eine Magenentfernung ohne Brustkorberöffnung ausreichend und schonender sein. Bei der Operation werden auch die den Tumor der Speiseröhre umgebenden Lymphknoten komplett beseitigt (Lymphadenektomie). Damit will man verhindern, dass sich der Speiseröhrenkrebs über die Lymphwege ausbreiten kann.
Gesunde Teile der Speiseröhre werden anschließend mit dem Magen, der chirurgisch zu einem Schlauch umgeformt wird, verbunden. Ist der Magen als Ersatz für die Speiseröhre nicht geeignet, wird auf Teile des Dick- oder Dünndarms zurückgegriffen.
Wenn der Tumor nicht mehr nur auf die inneren Schichten der Schleimhaut begrenzt ist, wird vor der Operation in der Regel eine Chemotherapie oder eine kombinierte Strahlen-Chemotherapie (Radiochemotherapie) durchgeführt. Damit wird der Tumor verkleinert und eventuell im Körper gestreute Krebszellen zerstört.
Sind bereits Tochtergeschwülste (Metastasen) in entfernteren Körperregionen vorhanden, kommt eine Operation nicht mehr in Frage. Mit meist endoskopischen Verfahren ist eine palliative Behandlung möglich, bei der im Rahmen einer Magenspiegelung die Nahrungspassage wiederhergestellt oder die Ernährung über den Magen-Darm-Trakt gesichert wird (Anlage eines Ösophagus-Stents oder einer Ernährungssonde). Auch eine alleinige Chemotherapie kann dann angezeigt sein.
Rehabilitation und Nachsorge
Unmittelbare Komplikationen werden während des stationären Aufenthaltes behandelt, und Patient*innen werden grundsätzlich erst entlassen, wenn stabile allgemeine und spezifische Gesundheitsverhältnisse vorliegen. Im postoperativen Verlauf kann es sich als sehr hilfreich erweisen, das Angebot einer psychoonkologischen Begleitung in Anspruch zu nehmen. Mittelfristig können dennoch Beschwerden auftreten, die häufig durch kleine Schritte der medikamentösen Abstimmung oder symptomatisch behandelt werden können. Wir informieren grundsätzlich die weiterbehandelnden Ärzt*innen telefonisch, um einen direkten Kontakt herzustellen und eventuelle Probleme frühzeitig zu identifizieren.
Über die unmittelbaren postoperativen Nachsorgeempfehlungen hinaus, existieren in den Leitlinien zur Behandlung von Speiseröhrenkrebs klare Empfehlungen für eine engmaschige Nachsorge. Sie werden auch im Entlassbrief mitgeteilt.
Auch bei sehr frühen Stadien (T1/T2) empfehlen wir eine Kontrolluntersuchung nach spätestens drei Monaten mit Laborkontrolle, Ultraschall und klinischer Untersuchung.
Danach empfiehlt es sich, die engmaschige Nachsorge alle drei Monate über die Dauer von bis zu zwei Jahren beizubehalten und danach jährlich erst auf sechs, dann auf zwölf Monate auszudehnen.