Tag der Rückengesundheit 2015:
Experte Dr. Robert Morrison vom Klinikum Ingolstadt gibt praktische Tipps
Ingolstadt. „Balance halten – Rücken stärken“: unter diesem Motto steht in diesem Jahr der „Tag der Rückengesundheit“, in dessen Rahmen am Mittwoch, 15. März
in vielen Arztpraxen, bei Therapeuten und in Sportstudios der Rückenschmerz zum Thema gemacht wird. Ein besonderer Fokus wird dabei in diesem Jahr auf das Zusammenspiel zwischen Psyche und Körper gelegt, und das nicht ohne Grund: „Wir erleben auch in unserer Sprechstunde täglich Menschen, deren oftmals sogar sehr heftige Rückenschmerzen ihre Ursache in Stress, Überforderung und seelischen Belastungen haben“, bestätigt der Leiter der Sektion „Konservative und operative Wirbelsäulenchirurgie“ am Klinikum Ingolstadt, Dr. med. Robert Morrison.
Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie hat die aktuellen Statistiken parat: in Deutschland haben statistisch gesehen aktuell 27 bis 40 Prozent der Menschen Rückenschmerzen, „das heißt im Klartext: rund jeder Dritte leidet unter Beschwerden“, so der Experte. Etwa 70 Prozent der Betroffenen haben die Schmerzen mindestens einmal im Jahr. „Rückenschmerzen sind nach den Infektionen des Atemtrakts die zweithäufigste Ursache für Arztbesuche“, weiß Dr. Morrison. Sie sind übrigens auch Ursache von 15 Prozent aller Arbeitsunfähigkeitstage. „Am häufigsten sind Rückenschmerzen in der Altersgruppe der 50 bis bis 70-Jährigen zu verzeichnen“, weiß er nicht nur aus der Statistik, sondern auch aus unzähligen Patientenkontakten. Die volkswirtschaftliche Bedeutung der verschiedenen Erkrankungen der Wirbelsäule ist dabei enorm. „Bei den meisten Frührenten stellen Wirbelsäulenbeschwerden mehr oder weniger direkt den Anlass zur Berentung dar“, erläutert Dr. Morrison.
Doch der Mediziner kann auch Entwarnung geben: „In 90 Prozent aller Fälle sind es keine ernsthaften Erkrankungen, wenn der Rücken schmerzt“, so Dr. Morrison. Doch natürlich gehören Rückenschmerzen, besonders, wenn sie über das übliche Maß hinausgehen, ärztlich untersucht: „Ein Besuch beim Hausarzt ist wichtig, wenn der Schmerz überraschend und sehr stark einsetzt und man sich gar nicht erklären kann, wo er so plötzlich herkommt“, rät Dr. Morrison. Sollte eine genauere Untersuchung nötig sein, dann folge meist die Überweisung zum Facharzt oder ins Klinikum, wo dann nach entsprechender Diagnostik über die weitere Vorgehensweise entschieden werden kann.
„Aber auch für uns im Klinikum gilt: operiert wird nur, wenn es aus triftigen medizinischen Gründen erforderlich ist“, erklärt Dr. Morrison. Denn oft sei es ausreichend, die vorhandenen konservativen Möglichkeiten
auszuschöpfen – und dazu gehört für ihn auch das ausführliche Gespräch mit dem Patienten. „Denn dann stellt sich nicht selten heraus, dass die Ursachen für den Schmerz tiefer liegen, und zwar nicht in den Muskeln, sondern in der Seele“, erklärt der Mediziner. Der zunehmende Stress in der Arbeitswelt, die Doppelbelastung beispielsweise von Frauen, die gleichzeitig Beruf und Familie „stemmen“ müssen oder andere belastende persönliche Lebenssituationen: das alles kann für durchaus heftige Rückenschmerzen sorgen. „Da gilt es dann tatsächlich, Körper und Psyche wieder in Balance zu bringen“, so Dr. Morrison. Er bezieht dann in Absprache mit dem Patienten vor allem den Hausarzt und, wenn nötig, auch andere medizinische Fachrichtungen mit ein: „So ein Schmerz verschwindet dann sicher nicht von jetzt auf gleich, aber wir können dem Patienten sagen: zusammen kriegen wir das in den Griff“.
Noch besser zu behandeln sind Rückenschmerzen, die aus Verspannungen heraus kommen: „Der häufigste Grund für lästige Rückenschmerzen sind ja diese Muskelverspannungen aufgrund von Fehlhaltungen, einseitigen Belastungen und mangelnder Bewegung. Die Muskeln werden dabei ungleichmäßig belastet. Manche Muskelgruppen sind überfordert, andere wiederum unterfordert“, so Dr. Morrison. So kann es sogar dazu kommen, dass sich Muskeln verkürzen oder verhärten. „Dieses muskuläre Ungleichgewicht führt zu Verspannungen und Schmerzen. Der Rücken verliert an Stabilität“, erklärt der Orthopäde. In Absprache mit dem Arzt könne sich dann leichte sportliche Aktivität als sehr hilfreich erweisen, „Bewegung ist bei Muskelschmerzen ohnehin fast immer die beste Medizin“, weiß Dr. Morrison aus eigener Erfahrung. „Nach einem langen Arbeitstag, nach stressigen und belastenden Situation – da wirkt ein zügiger Spaziergang oft Wunder“, sagt er, aber er weiß, ebenfalls aus eigener Erfahrung, auch: „Manchmal muss man den inneren Schweinehund erst überwinden, aber wenn man das schafft und von der Couch aufsteht und sich bewegt – dann kann man auch seine Rückenschmerzen richtig angehen“.
-red
Dr. Robert Morrison, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und leitender Arzt am Klinikum Ingolstadt, ist überzeugt: „Bei vielen Fällen von Rückenschmerzen ist Bewegung die beste Medizin“. Foto: red