Ein Interview mit dem Direktor des MutterKindZentrums, Prof. Dr. Babür Aydeniz
Sind Geburten in Krankenhäusern aktuell sicher?
Prof. Aydeniz: Werdende Eltern brauchen sich keine Sorgen zu machen. Schwangere werden ihr Kind im Klinikum Ingolstadt auch weiterhin sicher auf die Welt bringen können – das Corona-Virus stellt hier keine zusätzliche Gefahr dar. Unser Team aus Hebammen und Ärzten ist rund um die Uhr in den Kreißsälen für unsere gebärenden Mütter da. Im Klinikum setzen wir auf ein mehrstufiges, seit vielen Monaten erprobtes Sicherheitskonzept, um unsere Patientinnen und Patienten wie auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen. Wir testen zum Beispiel regelmäßig unsere Mitarbeiter, testen Patienten bei der Aufnahme ins Klinikum und impfen unsere Mitarbeiter bereits seit Ende 2020.
Kann mein Partner bei der Geburt dabei sein?
Prof. Aydeniz: Ja, der Vater oder eine andere erwachsene Begleitperson darf während der Geburt dabei sein. Auch nach der Geburt sind Väter herzlich willkommen, um Mutter und Kind im Familienzimmer zu unterstützen. Hierfür ist ein negativer Corona-Test nötig, der bei der Geburt im Kreißsaal kostenlos von den Hebammen durchgeführt wird.
Habe ich als Schwangere ein größeres Risiko, mich mit dem Coronavirus (Covid-19) zu infizieren?
Prof. Aydeniz: Schwangere weisen nach aktuellen Erkenntnissen kein erhöhtes Ansteckungsrisiko auf. Kommt es bei ihnen zu einer Corona-Infektion, haben Schwangere jedoch ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe im Vergleich zu nichtschwangeren Frauen gleichen Alters. Hierfür sind insbesondere Schwangere gefährdet, die auch ohne Infektion ein erhöhtes Risiko für Komplikationen aufweisen, z.B. ältere und übergewichtige Schwangere sowie an Diabetes leidende Schwangere. Da Schwangere insgesamt sehr gut auf die Impfung ansprechen, sollten sich ungeimpfte Schwangere unbedingt impfen lassen, insbesondere dann, wenn sie oben genannte Risikofaktoren aufweisen. Ich empfehle daher, der Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission bezüglich Schwangerschaft und Stillzeit zu folgen.
Welche Auswirkungen hat das Coronavirus auf das ungeborene Kind?
Prof. Aydeniz: Es gibt bereits erste Untersuchungen, die vermuten lassen, dass die Feten von Schwangeren, die mit Covid-19 infiziert waren, ein vergleichsweise geringeres Lungenvolumen haben. Dies ist besonders bei Feten im dritten Schwangerschaftsdrittel zu beobachten. Erste Daten weisen bereits darauf hin, dass sich durch eine Corona-Infektion während der Schwangerschaft auch das Risiko für eine Frühgeburt leicht erhöhen kann. Allerdings ist das Risiko, dass sich das Kind während der Schwangerschaft infiziert, äußerst gering. So beruhen auch die Aussagen zu den beobachteten Folgen einer Infektion ungeborener auf einzelnen Berichten und nicht auf systematischen Untersuchungen.
Besteht ein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen?
Prof. Aydeniz: Bislang gibt es noch keine Hinweise auf mögliche Fehlbildungen. Allerdings kann hohes Fieber während der ersten drei Monate der Schwangerschaft das Risiko von Komplikationen und Fehlbildungen erhöhen.
Wie gefährlich ist das Coronavirus für das Neugeborene?
Prof. Aydeniz: Grundsätzlich verläuft die Krankheit bei Kindern und Babys mild und unspezifisch. Über mögliche Langzeitfolgen gibt es aber noch keine Studien. Ich rate allen jungen Eltern, genauso wie allen anderen Personen auch, die Hygienevorschriften sowie die Kontaktbeschränkungen zu anderen Personen konsequent einzuhalten.
Darf ich als Infizierte mein Kind stillen?
Prof. Aydeniz: Es ist nicht abschließend geklärt, ob SARS-CoV-2 durch Muttermilch übertragbar ist. Derzeit spricht aber sehr viel dafür, dass mit dem Stillen zwar keine lebensfähigen Viren übertragen werden, das Kind dafür aber schützende Antikörper erhält. Wenn Infektionen beim Stillen auftreten, dann wahrscheinlich als Folge der Virusübertagung über die Luft. Ich empfehle Müttern, die positiv auf das Coronavirus getestet sind daher, beim Stillen eine Maske zu tragen und auch die übrigen Schutzmaßnahmen einzuhalten. Übereinstimmend mit der WHO sprechen sich auch die deutschen Fachgesellschaften für das Stillen unter Einhaltung adäquater Hygienemaßnahmen aus. Sollte das Stillen aus bestimmten Gründen nicht möglich sein, sollte das Kind mit abgepumpter Muttermilch gefüttert werden. Muttermilch ist die beste Medizin für Neugeborene, egal ob die Mutter an COVID-19 leidet oder nicht.
(zuletzt aktualisiert: Mai 2022)
Prof. Dr. Babür Aydeniz, Direktor der Frauenklinik und Leiter des Mutter-Kind-Zentrums im Klinikum Ingolstadt