Klinikumsinterne Kriseninterventionshilfe (KIKIH) unterstützt seit 2008
12. Juni 2018
“Hilfe für Helfer.“ Unter diesem Motto hat das Klinikum Ingolstadt 2008 die klinikumsinterne Kriseninterventionshilfe – kurz KIKIH – gegründet: ein Unterstützungsangebot für alle Beschäftigten nach belastenden Ereignissen im Dienst. Damals ein bayernweit einzigartiges Projekt, blickt KIKIH heuer auf zehn Jahre, über 200 Hilfestellungen sowie die unterschiedlichsten Herausforderungen zurück.
„Trotz aller Leidenschaft und Freude, mit der Ärzte, Pflegekräfte und Therapeuten ihren Beruf leben, bringt sie dieser Einsatz doch manchmal an die eigenen Grenzen“, sagt Thomas Thöne, Leiter des KIKIH-Teams. Dr. Rupert Roschmann, wie Thöne eines der Gründungsmitglieder und Teamleiter, ergänzt: „Wie in allen Bereichen, in denen Menschen mit Menschen arbeiten, kann es zu belastenden Situationen kommen.“ Dazu gehörten einerseits – wie in den Medien derzeit häufig zu lesen ist – Übergriffe gegen das Personal. Auch am Klinikum Ingolstadt merke man, dass die Gewaltbereitschaft gesamtgesellschaftlich zugenommen habe. Andererseits seien es aber oft auch unerwartete Ereignisse, z.B. wenn einem Patienten oder einer Patientin trotz intensivster medizinischer Behandlung nicht mehr geholfen werden kann. Ganz besonders ist dabei ein Fall im Gedächtnis geblieben wie Daniela Stabs, die das Leitungs-Trio komplettiert, erzählt: „Eine hochschwangere junge Frau war bei einem Autounfall so schwer verletzt worden, dass alle Maßnahmen, sie oder ihr Kind zu retten, vergeblich blieben. Das ging allen sehr nah und ist wohl auch verständlich. Schließlich arbeiten an einer Klinik auch nur Menschen, keine Maschinen.“
In solchen und ähnlichen Fällen bietet KIKIH Unterstützung an. „Es handelt sich dabei um ein niederschwelliges, kollegiales Hilfsangebot. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können mit speziell dafür ausgebildeten Kolleginnen und Kollegen entlastende Gespräche führen“, so Daniela Stabs weiter. Diese orientieren sich an den aktuellen Standards der Bundesvereinigung für Stressbearbeitung nach belastenden Ereignissen (SbE), nach denen die Helfer ausgebildet sind. Ganz wichtig ist den KIKIH-Leitern dabei zu betonen, dass es sich nicht um eine Therapie handle. „In wenigen Fällen haben die Gespräche tatsächlich dazu geführt, dass eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter tatsächlich weiterführend therapeutisch begleitet wurde. Das ist jedoch nicht das Ziel der kollegialen Unterstützung durch unser KIKIH-Team. Wir bieten keine Therapie an, sondern führen in der Regel ein Gespräch mit Einzelpersonen auf Augenhöhe von Mitarbeiter zu Mitarbeiter, aber auch mit Teams oder Gruppen, um sie dabei zu unterstützen, belastende Erlebnisse leichter zu verarbeiten und so auch möglichen posttraumatischen Belastungssymptomen vorzubeugen. Bei Bedarf bieten wir natürlich auch Folgegespräche an und zeigen weitere Hilfsangebote auf.“
Das KIKIH-Team besteht neben Thomas Thöne, Dr. Rupert Roschmann und Daniela Stabs aus weiteren 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus unterschiedlichen Fachbereichen und Berufszweigen. Sie alle haben sich bereit erklärt, zusätzlich zu ihren regulären Aufgaben, bei KIKIH mitzuarbeiten und sich speziell für Krisenintervention aus- und weiterbilden zu lassen. „Wir sind froh, dass wir bislang keine Nachwuchssorgen haben, einige fragen von sich aus nach, weil sie gerne mitarbeiten möchten, andere sprechen wir gezielt an“, erklärt Dr. Roschmann. Es sei auch gut, dass das Team so breit und interdisziplinär aufgestellt ist: „Bei einer Erreichbarkeit von 365 Tagen im Jahr, ist schon eine gewisse Größe nötig.“ Die Kontaktaufnahme erfolgt in der Regel per Telefon. Hier kann der Betroffene mit einem Teammitglied einen Gesprächstermin vereinbaren. Wenn das Telefon gerade mal nicht besetzt sein sollte, kann außerhalb der Dienstzeiten eine Rückrufnummer auf dem Anrufbeantworter hinterlassen werden.
Das KIKIH-Team kann jeder, der am Klinikum arbeitet, in Anspruch nehmen, kostenlos und auch während der Arbeitszeit. „Selbstverständlich dabei ist, dass wir der Schweigepflicht unterliegen und alle Gespräche vertraulich behandeln“, ergänzt Thöne. Auch die Gespräche, die vielleicht gar nicht übers Krisentelefon kommen: „Manchmal spricht einen jemand auch kurz beim Mittagessen an. Da geht es dann nicht immer gleich um ein großes Krisengespräch, manchmal ist es auch ein kurzes Gespräch nebenbei, das helfen kann. Auch dafür haben wir natürlich ein offenes Ohr.“
Für die Zukunft wünschen sich die drei Teamleiter, dass sie auch weiterhin so engagierte Teammitglieder finden, die bereit sind, neben ihrem beruflichen Alltag ihren Kolleginnen und Kollegen in Krisensituationen zur Seite zu stehen.