Anette Stromereder, Diabetesberaterin im Klinikum Ingolstadt, klärt auf und gibt Tipps zur gesunden Ernährung
Die richtige Ernährung ist ein Schlüssel für einen gesunden Körper und allgemeines Wohlbefinden. Wir nehmen den Tag der gesunden Ernährung (7. März) zum Anlass und sprechen mit Anette Stromereder, Diabetesberaterin im Klinikum Ingolstadt. Sie weiß ganz genau, auf was es bei der Ernährung ankommt, v.a. wenn bereits eine Diabetes-Erkrankung vorliegt. „Die Grundlagen der Ernährung bei Menschen mit Diabetes entsprechen denselben Empfehlungen, wie sie für alle Menschen gelten sollten, mit wenigen Besonderheiten und Veränderungen. Eine gesunde bedarfsgerechte Ernährung ist immer ausgewogen und abwechslungsreich, enthält reichlich Ballast- und Vitalstoffe wie Mineralstoffe und Vitamine“, sagt Stromereder. Dafür sorgt u.a. ein regelmäßiger Verzehr von Gemüse, Salat und Obst. Werfen wir einen genaueren Blick auf die „gesunde Ernährung“.
Gesund essen, gesund bleiben. Obst sollte zum täglichen Speiseplan gehören.
„Gesunde Ernährung fängt bei der Flüssigkeitszufuhr an“, erklärt die Diabetesberaterin. Der tägliche Bedarf liegt bei etwa zwei Liter pro Tag. Am besten eignen sich kalorienfreie bzw. -arme Getränke, wie Mineralwasser oder Leitungswasser, sehr stark verdünnte Saftschorlen (vier Teile Wasser und ein Teil Saft), ungezuckerte Kräuter- und Früchtetees. Koffeinhaltige Getränke wie Kaffee können zur Flüssigkeitsbilanz hinzugezählt werden. Lightgetränke sind kalorienfrei oder -reduziert, jedoch enthalten sie weitere Lebensmittelzusätze wie Süß-, Farb- und Aroma Stoffe und daher nur eingeschränkt empfehlenswert. „Als Durstlöscher ungeeignet sind alle zuckergesüßten Getränke, wie Limonaden, Cola- und Fruchtsaftgetränke, Nektare, Milchmischgetränke und andere Erfrischungsgetränke. Sie erhöhen das Risiko für Adipositas (Fettleibigkeit), liefern viele Kalorien und steigern den Blutzuckerspiegel. Daher sind sie vor allem für Menschen mit Diabetes ungeeignet“, erklärt Stromereder. Aber auch gesunde Menschen sollten gesüßte Getränke nur selten genießen.
Ein Tipp der Expertin: Trinkwasser kommt in Deutschland in Form von Leitungswasser direkt aus dem Wasserhahn. Mit Früchten oder Kräutern wie Minze kann man das Wasser aromatisieren und damit für mehr Abwechslung sorgen.
Kommen wir zum Essen. Welche Nahrungsmittel und Nährstoffe tun uns gut und halten den Körper fit und gesund?
Kohlenhydrate als Brennstoff für unseren Körper
Erstens Kohlenhydrate: Kohlenhydrate dienen zur Energiegewinnung und liefern uns schnell verfügbare Energie, sie sind das „Benzin“ unseres Körpers. Die Kohlenhydrataufnahme kann zwischen 45 bis 60 Prozent der benötigten Tagesenergiemenge liegen. Sie sind in Brot, Getreide, Kartoffeln, Reis, Nudeln, Obst, Gemüse, Milchprodukten, Süßigkeiten und Hülsenfrüchten enthalten. Gemüse und Obst versorgen uns mit reichlich Nährstoffen, Ballaststoffen sowie sekundären Pflanzenstoffen und tragen zur Sättigung bei. Obst und Gemüse ist die mengenmäßig größte Lebensmittelgruppe in einer vollwertigen Ernährung. Genießen Sie mindestens drei Portionen Gemüse (ca. 400g) und zwei Portionen Obst (ca. 250g) am Tag. „Weil wir in unserem Alltag keine Waage zur Hand haben, um Portionsmengen abzuwiegen, rate ich zu einem einfachen Trick: Nehmen Sie ihre Hände. Was in eine Hand passt, ist eine Portion“, empfiehlt Stromereder.
(Ungesalzene) Nüsse, Ölsaaten oder Trockenfrüchte können eine Portion Obst am Tag ersetzen. Allerdings ist die Portionsgröße kleiner, weil der Kaloriengehalt höher ist: Bauen Sie Gemüse und Obst in jede Mahlzeit ein, entweder roh oder schonend zubereitet, damit viele Nährstoffe erhalten bleiben. Je bunter, desto besser. Hin und wieder kann auch ein Smoothie oder ein Glas Saft eine Portion Gemüse oder Obst ersetzen. Bei Getreideprodukten wie Brot, Nudeln, Reis und Mehl ist die Vollkornvariante die beste Wahl, diese sättigen länger und enthalten mehr Nährstoffe als Weißmehlprodukte. Sie liefern reichlich Ballaststoffe sowie ein Plus an Vitaminen und Mineralstoffen. Ballaststoffe aus Vollkorn senken das Risiko für Diabetes mellitus Typ 2, Fettstoffwechselstörungen, Dickdarmkrebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. „Sie machen außerdem lange satt und haben meistens kaum Kalorien“, erklärt Stromereder. Mehr pflanzliche Lebensmittel wie Getreide und weniger tierische Lebensmittel zu essen, fördert die Gesundheit und hilft gleichzeitig der Umwelt. Denn bei der Produktion pflanzlicher Lebensmittel sind der Ressourcenverbrauch und der Ausstoß schädlicher Treibhausgase niedriger als bei der Produktion tierischer Lebensmittel.
Eiweiß für die Muckis
Für ein starkes Wachstum unserer Knochen, Muskeln, Organe, Haut und Haare benötigt unser Körper Eiweiß. „Das steckt sowohl in tierischen als auch in pflanzlichen Produkten“, so die Ernährungsexpertin. Wichtige Eiweißlieferanten sind Fisch und Meerestiere, Fleisch, Eier, Käse, Milch- und Milchprodukte und Hülsenfrüchte. Milch und Milchprodukte liefern gut verfügbares Protein, Vitamin B2, und Calcium. Seefisch versorgt mit Jod und fetter Fisch mit wertvollen Omega-3-Fettsäuren. Fleisch enthält gut verfügbares Eisen sowie Selen und Zink. Fleisch und insbesondere Wurst enthalten aber auch ungünstige Inhaltsstoffe. Bei Fleisch ist zudem die Unterscheidung zwischen rotem und weißem Fleisch von Bedeutung. Rotes Fleisch von Rind, Schwein oder Schaf und weißes Fleisch von Geflügel wie Huhn. Wer viel rotes Fleisch und Wurst isst, hat ein höheres Risiko für Darmkrebs. Für weißes Fleisch besteht nach derzeitigem Wissensstand keine Beziehung zu Krebserkrankungen.
Die Ernährungsexpertin empfiehlt: Essen Sie täglich Milch- und Milchprodukte, Fisch ein- bis zweimal die Woche und Fleisch nicht mehr als 300 bis 600 Gramm die Woche.
Fette: Auf Qualität und Menge kommt es an
Unser größter Energielieferant sind die Fette, mit neun kcal/ ein Gramm liefert es mehr als doppelt so viel Energie wie Kohlenhydrate und Eiweiß. Fette sind Träger der fettlöslichen Vitamine E, D, K, A und liefern dem Körper lebensnotwendige Fettsäuren. Man unterscheidet zwischen gesättigten, einfach ungesättigt und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. In fettreichem Fisch, Fleisch aus artgerechter Haltung, pflanzlichen Ölen, Nüssen, Oliven und Avocados finden sich ungesättigte Fettsäuren, diese sind zu bevorzugen. Omega-3-Fettsäuren sind hier die „Helfer fürs Herz“, sie sorgen für funktionsfähige
Anette Stromereder erklärt, welche Lebensmittel, welchen Einfluss auf den Körper haben.
Arterienwände und schützen damit das Herz-Kreislaufsystem. Omega-3-Fettsäuren sind vor allem in fettreichem Fisch, Lein- und Hanfsamen, Walnüssen sowie Lein- und Rapsöl enthalten. Für den Nährstoff Fett gilt: „Besser Qualität als Quantität!“ Nutzen Sie hier gesundheitsfördernde Fette. Verwenden Sie bei der Zubereitung Speiseöle statt fester Fette. Essen Sie zwei bis drei Portionen fettreichen Seefisch, z. B. Hering, Makrele, Lachs pro Woche. Meiden sie Trans-Fettsäuren, sie stecken in „gehärteten“, diese gelten generell als ungesund und tummeln sich in frittierten Speisen, Blätterteig, Fast Food und Fertiggerichten.
Gesundes Essen, gesunder Körper: Experten-Tipp
Vollwertig essen und trinken hält gesund, fördert Leistung und Wohlbefinden. Die Lebensqualität steigt, das Krankheitsrisiko sinkt. Zudem sollte unsere Ernährung nur so viel Energie liefern wie der Körper auch tatsächlich verbraucht, um kein Übergewicht zu verursachen oder mit eingesparten Kalorien sogar Gewicht zu reduzieren. Eine ausgewogene Ernährung versorgt den Körper mit der nötigen Energie und macht uns widerstandsfähig und beugt unter anderem ernährungsbedingte Erkrankungen wie z. B. Diabetes mellitus Typ 2, Gicht, Fettstoffwechselerkrankungen, Bluthochdruck und Herz-Kreislauferkrankungen vor.
- Sparen Sie an Zucker und Salz. Dies gilt auch für vermeintlich gesunde Alternativen, wie z. B. brauner Zucker, Honig, Kokosblütenzucker, Agavendicksaft. Diese sind wie Haushaltszucker zu bewerten.
- Sparen Sie Salz und reduzieren sie den Anteil an salzreichen Lebensmittel, wie z. B. Fischkonserven, Fertigprodukte. Würzen sie kreativ mit Kräutern und Gewürzen.
- Nutzen Sie die Lebensmittelvielfalt und essen Sie abwechslungsreich. Je abwechslungsreicher, desto geringer ist das Risiko für eine einseitige Ernährung.
- Bereiten Sie ihr Essen schonend zu. Garen Sie Lebensmittel so lange wie nötig und so kurz wie möglich, mit wenig Wasser und wenig Fett.
- Nehmen Sie sich Zeit zum Essen. Das Sättigungsgefühl tritt erst ca. 15 – 20 Minuten nach Beginn der Mahlzeit ein. Wer zu schnell isst, kann gar nicht bemerken, dass er vielleicht schon genug gegessen hat. Achtsames, langsam Essen und gründliches Kauen können den Genuss fördern, entspannen und dabei helfen, das Körpergewicht zu regulieren.
- Vollwertige Ernährung und körperliche Bewegung gehören zusammen. Dazu gehört nicht nur regelmäßig Sport, sondern auch ein aktiver Alltag. Körperliche Bewegung und Sport regen den Muskelaufbau an und erhöhen den Kalorienverbrauch. Zudem hilft Bewegung, das Körpergewicht zu regulieren. Regelmäßige körperliche Aktivität senkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Schlaganfall, Diabetes mellitus Typ 2, Adipositas, Brust-/Darmkrebs und Depression und ist gut für die Knochengesundheit.
Die Grundprinzipien der gesunden Kost sind so einfach, dass sie sich in einem Satz zusammenfassen lassen: “Eat less, move more and eat a lot of vegetables and fruits!” (Ernährungswissenschaftlerin Marion Nestle; “What to eat”; Quellen: DGE 10regeln, VDBD Diabetes und Ernährung)