Pressemitteilung des Klinikums zu den Vorwürfen von Strafverteidiger Szesny
16. Januar 2018
Der Tod von Herrn Fastenmeier hat uns alle menschlich sehr betroffen gemacht. Lange Jahre war er als Geschäftsführer erfolgreich für das Klinikum tätig. Deshalb, und weil für uns der Schutz der Persönlichkeitsrechte sowie der Respekt für den Verlust, den die Familie Fastenmeier erlitten hat, im Vordergrund standen, haben wir, die Geschäftsführung der Klinikum Ingolstadt GmbH, uns in den letzten Wochen mit Äußerungen an die Presse sehr zurückgehalten.
Wir sehen uns aber nach den Vorwürfen, die u.a. von Strafverteidiger Szesny in den Raum gestellt wurden, veranlasst, zu diesen Themen Stellung zu nehmen, um sie aus unserer Sicht zu erklären, und die Fragen, die sich eventuell stellen oder vielleicht sogar verunsichern, zu beantworten.
Hätte man mit der Zustellung des dinglichen Arrests nicht bis nach Weihnachten warten können?
Der zeitliche Ablauf war durch die äußeren Ereignisse vorgegeben, ein anderer zeitlicher Ablauf war hier nicht möglich:
- Die Geschäftsführung wusste aus einem Schreiben der Anwälte des Herrn Fastenmeier aus Mai 2017, dass Herr Fastenmeier zum 01.01.2018 eine größere Zahlung aus einer Altersversorgungs-Versicherung erwartete.
- Die Staatsanwaltschaft hatte am 03.11.2017 mitgeteilt, dass Herr Fastenmeier angeklagt werde und ein Schaden im unteren siebenstelligen Bereich, das heißt im Millionen-Bereich, für das Klinikum entstanden sei.
In dieser Situation musste das Klinikum seine Ansprüche nach Möglichkeit sichern. Zudem erfuhr die Geschäftsführung am 27.11.2017 im Rahmen einer Akteneinsichtnahme in die Ermittlungsakten, dass Herrn Fastenmeiers Anwälte eine Sonderbesuchserlaubnis für den Besuch seines Finanzberaters in der Untersuchungshaft beantragt hatten und dies auch genehmigt bekamen. Als Begründung für die Sonderbesuchserlaubnis gaben die Anwälte an, dass Herr Fastenmeier die Auszahlung einer privaten Altersversorgung zum 01.01.2018 regeln müsse. Dies räumt auch der Anwalt André Szesny gegenüber dem Donaukurier ausdrücklich ein.
Der Aufsichtsrat wurde unverzüglich, das heißt, bereits am 29.11.2017, mit dem dinglichen Arrest befasst. Die Sach- und Rechtslage wurde ihm von den beauftragten Anwälten dargestellt. Der Aufsichtsrat fasste daraufhin einstimmig den Beschluss, die Geschäftsführung zu ermächtigen, einen dinglichen Arrest zu beantragen und zu vollziehen. Bereits am 01.12.2017 wurde die Antragsschrift beim Landgericht Ingolstadt eingereicht. Dieses erließ den sogenannten Arrestbefehl am 08.12.2017 und in der Folge die beantragten Pfändungsbeschlüsse.
Nachdem die Pfändungsbeschlüsse den Banken und Versicherungen, die die Altersversorgung auszahlen, zugestellt waren, musste die Zustellung des Arrestbefehls an Herrn Fastenmeier binnen einer Woche erfolgen. Hierbei handelt es sich um eine zwingend zu beachtende, gesetzlich vorgegebene Frist. Andernfalls wären die Sicherungsmaßnahmen wirkungslos gewesen.
Die dargestellte Situation hätte es auch nicht zugelassen, den Arrestantrag noch um mehrere Wochen zu verzögern, um ihn erst nach Weihnachten zustellen zu müssen. Denn die Auszahlung stand bereits im Januar 2018 an.
Es war also nicht möglich, mit der Zustellung des Arrests an Herrn Fastenmeier bis nach Weihnachten zu warten.
Hätte man den dinglichen Arrest nicht später stellen können? Warum hat man den prozessbevollmächtigten Anwälten keine Kopie des Arrestbefehls zukommen lassen?
Die Erhebung der Anklage gegen Herrn Fastenmeier einige Wochen zuvor bedeutete, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auch aus Sicht der Ermittlungsbehörden von einem Untreueschaden im „niedrigen siebenstelligen Bereich“ auszugehen war. Dies teilte die Staatsanwaltschaft in ihrer Presseerklärung vom 03.11.2017 mit. Da – wie dargestellt und von Herrn Szesny auch bestätigt – erhebliche Zahlungseingänge ab dem 01.01.2018 anstanden, war der Arrest das gebotene Mittel, um Schadensersatzansprüche des Klinikums zu sichern. Um seinen Zweck zu erfüllen, musste der Arrest vor dem 01.01.2018 wirksam werden.
Eine Zustellung an die Anwälte des Herrn Fastenmeier hätte vorausgesetzt, dass eine entsprechende schriftliche Vollmacht der Anwälte generell für Zustellungen an Herrn Fastenmeier bevollmächtigt zu sein, vorgelegen hätte. Dies war nicht der Fall. Ebenfalls hätte eine Zustellung an die Anwälte des Herrn Fastenmeier erfolgen müssen, wenn die Anwälte eine sogenannte Schutzschrift bei Gericht eingereicht hätten, um für den Fall eines Arrestantrags die Rechtsposition des Herrn Fastenmeier darzulegen. Eine Schutzschrift lag bei Gericht jedoch nicht vor.
Hätte das Klinikum in der vorliegenden Situation unmittelbar den Anwälten zugestellt, hätte die Gefahr bestanden, dass diese die Annahme berechtigt mit dem Argument verweigert hätten, in dieser Sache nicht bzw. noch nicht mandatiert zu sein. Die Zustellung an die Anwälte wäre dann wegen fehlender Prozessvollmacht wirkungslos gewesen. Die gesetzlich vorgegebene Wochenfrist für die Zustellung an Herrn Fastenmeier wäre somit nicht eingehalten. Als Folge wären die auf Grund des Arrestes erfolgten Pfändungen der Ansprüche wirkungslos gewesen. Dieses Risiko konnte nicht eingegangen werden.
Im Übrigen hätten die Anwälte des Herrn Fastenmeier, die diesen am 22.12.2017 in der JVA besuchten und von ihm nach ihren Angaben mit der Einlegung eines Widerspruchs gegen den Arrest beauftragt wurden, eine Kopie des Arrestantrags von den Anwälten des Klinikums anfordern können. Eine solche wäre, nachdem die wirksame Zustellung erfolgt war, unverzüglich, das heißt, noch am 22.12.2017 übersandt worden. Eine Kontaktaufnahme mit den Anwälten des Klinikums erfolgte jedoch nicht.
Gab es Hinweise oder Indizien, die die Sicherung der Möglichkeit eines Zugriffs auf das Vermögen durch einen Arrest erforderlich machten?
Gemäß den Informationen, die dem Klinikum und der Staatsanwaltschaft vorliegen, fanden die Wohnungsübertragungen an die beiden Söhne im Zeitraum April bis Juni 2016 statt. Dies war nach dem Zeitpunkt, in dem die internen Sonderermittlungen gegen Herrn Fastenmeier, die bereits Mitte Januar 2016 eingeleitet wurden, liefen. Herrn Fastenmeier war die Tatsache von Ermittlungen mindestens seit April 2016 bekannt. Angesichts der objektiv erfolgten Vermögensübertragungen im zeitlichen Zusammenhang mit den Ermittlungen sowie dem zu erwartendem Zahlungseingang Anfang Januar 2018 bestanden hinreichende Indizien für die berechtigte Besorgnis, dass weitere Vermögensübertragungen erfolgen. Diese Ansicht bestätigte das Landgericht nach Prüfung des Arrestantrages durch Erlass des Arrestbeschlusses.
Warum hat sich das Klinikum die Ansprüche auf die Altersversorgung gesichert, wenn diese – nach Aussagen des Strafverteidigers – zur Tilgung fälliger Darlehensforderungen verwendet worden wären? Und warum wurde eine höhere Summe beantragt als die zu erwartenden Altersversorgungsansprüche?
Auch die Tilgung von Darlehen hätte eine Vermögensverfügung zulasten des Klinikums Ingolstadt dargestellt. Denn dieser Betrag wäre dann nicht mehr zur Deckung der Ansprüche der Klinikum Ingolstadt GmbH zur Verfügung gestanden.
Es ist richtig, dass der Arrest in Höhe eines Betrags von EUR 600.000 beantragt wurde und, dass dieser Betrag über den zu erwartenden Altersversorgungsansprüchen lag.
Da die Kontenbestände von Herrn Fastenmeier im Zeitpunkt des Antrags nicht bekannt waren und deutlich höhere Schäden im Raum standen (wie gesagt: niedriger siebenstelliger Betrag), gab es keine Veranlassung, den dinglichen Arrest auf die Summe der konkret erwarteten Zahlungen zu beschränken.
Die beantragte Summe des Arrests wurde nach Prüfung der Sach- und Rechtslage durch das Landgericht Ingolstadt bestätigt.
Zusammenfassend möchten wir feststellen, dass für die Entscheidungen des Aufsichtsrates nach Vorliegen der Anklageschrift folgende Sachlage gegeben war:
- Schaden im niedrigen siebenstelligen Bereich zu Lasten des Klinikums
- einmalige Kapitalauszahlung einer zusätzlichen Altersversorgung zum 01.01.2018 an Herrn Fastenmeier
- aktive Handlungen von Herrn Fastenmeier im Zusammenhang mit der Auszahlung der zusätzlichen Altersversorgung zum 01.01.2018 (Besuch Vermögensberater in der JVA)
- damit akute Gefahr, dass der Auszahlungsbetrag bei Fälligkeit sofort an Dritte weitergeleitet wird und damit für Forderungen des Klinikums nicht mehr in Anspruch genommen werden kann
- damit Risiko eines Schadens für Klinikum, dem pflichtgemäß durch Geschäftsführung und Aufsichtsrat zu begegnen war
Erklärung des Aufsichtsrates aus seiner gestrigen Sitzung:
Der Aufsichtsrat hat seine Pflichten im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen Herrn Fastenmeier korrekt wahrgenommen. Er war hierbei anwaltlich beraten. Zusätzlich erfolgte anwaltliche Beratung der Geschäftsführung durch eine weitere Rechtsanwaltskanzlei.
Den – teils anonymen – öffentlichen Äußerungen einzelner Mitglieder des Aufsichtsrates lässt sich eine unzureichende Information und damit eine Beschlussfassung unter etwaiger Verletzung der Pflicht des einzelnen Aufsichtsrates nicht entnehmen.
Der Aufsichtsrat wurde über das jeweilige Ergebnis der internen und der staatsanwaltlichen Ermittlungen fortlaufend durch die von ihm beauftragte wie auch durch die von der Geschäftsführung beauftragte Rechtsanwaltskanzlei umfassend in einer Vielzahl von Sitzungen informiert. Er hat sich daher ein eigenständiges Bild von der Sachlage verschafft und diese erörtert.
Zum Arrest erfolgte in der Sitzung vom 29.11.2017 eine ausführliche Darstellung der Sach- und Rechtslage mit anschließender Erörterung durch die Mitglieder des Aufsichtsrates. Auf dieser Grundlage fasste der Aufsichtsrat einstimmig den Beschluss zur Stellung des Arrestantrags, dem sodann das zuständige Landgericht Ingolstadt nach eigenständiger Prüfung stattgab.