Es ist ein Thema, über das man als Betroffener nicht gerne spricht: Inkontinenz. Und dennoch schätzen Experten, dass es in Deutschland fünf Millionen Betroffene gibt. Im Rahmen der 9. Welt-Inkontinenzwoche findet deshalb im Klinikum Ingolstadt am Dienstag, 20. Juni, von 17 bis 20 Uhr im Ärztehaus des Klinikums eine Informationsveranstaltung zum Thema „Inkontinenz“ statt. „Wir werden dabei wichtige Informationen in verständlicher Form anbieten, so dass die Besucherinnen und Besucher echten Nutzen daraus ziehen können“, verspricht Prof. Dr. Manseck, Direktor der Klinik für Urologie am Klinikum Ingolstadt.
Die Ursachen für Inkontinenz, also das Unvermögen, Harn oder Stuhl zu halten und kontrolliert abzugeben, können sehr vielfältig sein. Meist funktioniert das fein abgestimmte System aus Blasenmuskulatur, Schließmuskeln und Beckenbodenmuskulatur nicht mehr richtig. Die Harninkontinenz wird umgangssprachlich auch als „Blasenschwäche“ bezeichnet. Allerdings ist die Blase nicht in jedem Fall die Ursache der Beschwerden.
Unterschiedliche Formen der Inkontinenz
Laut Prof. Manseck gibt es unterschiedliche Formen von Harninkontinenz:
Die Belastungsinkontinenz wurde früher auch als Stressinkontinenz bezeichnet. „Allerdings ist der Begriff irreführend, denn Auslöser für den Harnverlust ist nicht psychischer Stress, sondern körperliche Belastung“, erläutert Dr. Rene Hassmann, Oberarzt an der Klinik für Urologie. Die Ursache liege vielmehr in einer Druckerhöhung im Bauchraum, die zum Beispiel durch das Anheben oder Tragen von schweren Gegenständen oder auch durch Husten, Niesen oder Lachen entsteht. Dann kommt es bei Betroffenen zu einem unwillkürlichen Urinverlust. „In sehr ausgeprägten Formen der Belastungsinkontinenz geht Urin bei jeder Bewegung ab“, so Dr. Hassmann. Die Betroffenen verspüren dabei keinen Harndrang, bevor der Urin ungewollt verloren geht. Diese Form der Inkontinenz kommt bei Frauen deutlich häufiger vor als bei Männern.
Unter einer Dranginkontinenz versteht man einen überfallsartigen, sehr häufig auftretenden Harndrang, der sich teilweise mehrmals pro Stunde bemerkbar macht, obwohl die Blase noch gar nicht voll ist. „Oft schaffen es die Betroffenen nicht mehr rechtzeitig zur Toilette, manche vermeiden deshalb jeden Weg außerhalb ihrer Wohnung, weil sie Angst haben, nicht mehr rechtzeitig eine Toilette erreichen zu können“, weiß Prof. Dr. Manseck aus vielen Gesprächen mit Patienten. Menschen mit einer neurogenen Harninkontinenz (früher Reflexinkontinenz) spüren nicht mehr, wann die Blase voll ist und können auch die Entleerung nicht mehr steuern. Die Blase entleert sich dadurch in unregelmäßigen Abständen von selbst, oft aber nicht vollständig. Bei der Überlaufinkontinenz fließen bei voller Blase ständig kleine Mengen Urin ab. Betroffene können zusätzlich einen permanenten Harndrang spüren. Ein „Sonderfall“ ist die extraurethrale Harninkontinenz: Auch hier geht ständig Urin verloren, ohne dass der Patient Einfluss nehmen kann, allerdings nicht über die Harnwege, sondern durch andere Öffnungen. Betroffene haben meist eine sogenannte Fistel, ein „unnatürliches“ Verbindungskanälchen zwischen der Blase und beispielsweise der Scheide oder dem Darm.
„Inkontinenz kann sehr gut behandelt werden, die Möglichkeiten, die wir hier heute haben, beseitigen oder lindern nicht nur die Beschwerden, sondern können auch die Lebensqualität deutlich steigern“, erklärt der erfahrene Mediziner. Deshalb ist es ihm wichtig, auch bei Informationsveranstaltungen aufzuklären und Mut zu machen: „Der Gang zum Arzt und das offene Gespräch sind einer der wichtigsten Schritte zum Erfolg.“ Ebenso entscheidend ist es, im Rahmen einer ausführlichen und genauen Diagnostik, die Ursachen der Inkontinenz festzustellen. Danach wird die Behandlung festgelegt. „Dabei ist die Operation, die im Übrigen heute sehr schonend durchgeführt wird, immer die letzte Option, erst werden alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft“, betont der Experte. Ihm ist dabei vor allem die Zusammenarbeit mit anderen Fachrichtungen wichtig: „Am Klinikum Ingolstadt arbeiten Urologen, Gynäkologen und Chirurgen eng zusammen, um für die Patienten die besten Lösungen zu finden“.
Vorträge am 20. Juni von 17 bis 20 Uhr
Die Veranstaltung am Dienstag, 20. Juni beginnt um 17 Uhr mit einem Impulsvortrag der Urologin Dr. Christine Körner: „Harninkontinenz – immer noch ein Tabuthema?“. Um 17.15 Uhr schließt sich Dr. Sebastian Geißler mit dem Thema „Ungewollter Harnverlust bei körperlicher Belastung: was kann ich selber tun, wo brauche ich Unterstützung?“ an. Physiotherapeutin Astrid Tenelsen beleuchtet ab 17.30 Uhr, ob der alleinige Einsatz von Beckenbodengymnastik ausreichend sein kann. Operative Möglichkeiten zur Behandlung der Inkontinenz stellt ab 17.45 Uhr Urologin Dr. Sigrid Wagner vor, die medikamentöse Behandlung der Dranginkontinenz beleuchtet danach ab 18 Uhr Urologin Dr. Elisabeth Eder.
Wie kommt es überhaupt zu Beckenbodenproblemen? Diese wichtige Frage wird Urologe Dr. Rene Hassmann in seinem Vortrag ab 18. 15 Uhr beantworten. Zusammen mit der Gynäkologin Dr. Andrea Scholtes und der Viszeralchirurgin Dr. Ekaterini Weschta wird Dr. Hassmann im Anschluss dann auch die verschiedenen Möglichkeiten der unterschiedlichen Fachbereiche bei der Inkontinenzbehandlung vorstellen.
Um 19 Uhr findet dann noch eine Podiumsdiskussion statt: Der Klinikdirektor der Gynäkologie am Klinikum Ingolstadt, Prof. Dr. Babür Aydeniz, der Klinikdirektor der Viszeralchirurgie, Prof. Dr. Stefan Hosch, der Klinikdirektor der Urologie, Prof. Dr. Andreas Manseck, Gynäkologin Dr. Andrea Scholtes und Urologe Dr. Rene Hassmann werden dabei kompetent auf die wichtigsten Fragen der Besucherinnen und Besucher eingehen.
Der Eintritt zur Informationsveranstaltung ist frei, Veranstaltungsort ist der Raum „Ingolstadt“ im Ärztehaus des Klinikums Ingolstadt in der Levelingstraße 21.
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