Arthrose ist die häufigste aller Gelenkerkrankungen und für die rund fünf Millionen Betroffenen in Deutschland äußerst schmerzhaft. Denn bei der Arthrose ist der Gelenkknorpel – der Stoßdämpfer zwischen den Knochen – so geschädigt, dass bei Bewegung Knochen auf Knochen reibt. Am häufigsten betroffen sind Menschen ab 60 Jahren. Wie man der Arthrose vorbeugen kann und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt, erklärt Dr. Markus Peyerl, Leiter der Sektion Orthopädische Chirurgie und Endoprothetik, im Interview.

Vor allem Senioren leiden an Arthrose, der häufigsten Gelenkerkrankung. Häufig betroffen sind die Hüfte und das Knie.

Dr. Peyerl, haben Sie Tipps für Betroffene, wie Sie den Verschleiß Ihrer Gelenke verlangsamen können?

Dr. Peyerl: Die konservativen Behandlungsmöglichkeiten hängen immer auch vom Stadium der Erkrankung ab. Vorbeugung und Schmerzreduktion scheint aber in jedem Stadium möglich zu sein. Allgemeine Maßnahmen wie Gewichtsreduktion, Muskelaufbau sowie basische Ernährung führen oft bei Arthrose-Patienten zu Beschwerdelinderung. Hierbei wird aber nicht nur die Arthrose-Erkrankung, sondern allgemein das körperliche Befinden gebessert, was sich auch positiv auf die Arthrose-Erkrankung auswirkt. Spezifischere Maßnahmen wie individuell angepasster Sport ggf. unter Anleitung ermöglichen es speziell das erkrankte Gelenk positiv zu beeinflussen. Insgesamt sind hier gelenkschonende Sportarten wie z.B. Radfahren, Walking, Schwimmen, Wandern, Gymnastik, Langlauf zu bevorzugen, falls man vorher keinen Sport gemacht hat. Sportarten, die man gut beherrscht, sind ebenfalls gut geeignet, Muskeln aufzubauen und die Gelenkbeweglichkeit zu verbessern. Persönlich halte ich Dehnungsübungen für sehr wichtig, um eventuelle Verkürzungen aufzulösen, Muskelaufbautraining, um insuffiziente Muskelgruppen zu kräftigen und dadurch die Biomechanik und Durchblutung des gesamten Gelenks zu verbessern. Pflanzliche Nahrungsergänzungsmittel können sich ggf. positiv auf die Vermeidung einer Arthrose-Erkrankung auswirken. Die hauptsächliche Wirkung beschränkt sich hier meines Erachtens jedoch mehr auf die Vorbeugung.

 

Welche Therapie hilft?

Dr. Peyerl: Konservativ-therapeutische Maßnahmen sind Physiotherapie und Krankengymnastik sowie manuelle Therapie, medikamentöse Schmerztherapie, intraartikuläre Medikamentengabe und extern angewandte Physikalische Therapiemaßnahmen. Alle konservativen Behandlungsmethoden zielen darauf ab, die durch die Arthrose bedingten Beschwerden wie Schmerz, Überwärmung, Schwellung, Bewegungseinschränkung zu lindern. Die meisten Patienten reagieren sehr unterschiedlich auf verschiedene Maßnahmen, daher empfehle ich, möglichst alle möglichen konservativen Maßnahmen zu nutzen. Fortgeschrittene Erkrankungsverläufe kennzeichnen sich hier oft durch deutliche Einschränkung der Gehstrecke auf wenige Hundert Meter und nächtlich auftretende Beschwerden. Sollte keine der konservativen Therapien Beschwerdelinderung bewirken, wird im weiteren Verlauf der Arthrose-Erkrankung oft eine operative Versorgung notwendig. Diese geht beginnend von arthroskopischen Eingriffen über gelenkerhaltende Eingriffe bis hin zum kompletten Gelenkersatz durch eine Gelenksprothese.

 

Wie sollen sich Patienten mit einem künstlichen Gelenkersatz verhalten? Bewegung oder Schonung?

Dr. Peyerl: Die intensive Behandlung in der postoperativen Phase nach einem künstlichen Gelenkersatz ist sehr wichtig, um später eine gute bis sehr gute und schmerzfreie Gelenkfunktion zu erreichen. Hier spielt vor allem eine gute Nachsorge während des Krankenhausaufenthalts als auch die anschließende Anschlussheilbehandlung in einer Reha-Einrichtung eine entscheidende Rolle. In dieser Phase wird vor allem die Wundheilung kontrolliert und die Wiederherstellung der Gelenkfunktion unter Schmerztherapie behandelt. Nach der Reha-Maßnahme, die in der Regel stationär stattfindet, erfolgt die weitere ambulante Nachbehandlung des Patienten mittels Krankengymnastik, Lymphdrainage und ggf. manueller Therapie. Hier beginnt dann der fließende Übergang von der medizinischen Behandlung hin zum medizinischen Training. In dieser Phase ist der Patient schon wieder selbstständig mobil ohne Hilfsmittel. Es geht jetzt um noch eine zunehmende Verbesserung der Gelenkfunktion und ggf. noch vorhandenen Schwellneigung hin zur kompletten Schmerzfreiheit im Alltag.

 

Können Betroffene mit künstlichem Gelenkersatz ihr (sportliches) Leben fortführen wie früher? Welche Sportarten sollten vermieden werden?

Dr. Peyerl: Bezüglich der Sportfähigkeit nach künstlichem Gelenkersatz besteht allgemeiner Konsens, dass Sportarten, die der Patient bereits vor seiner Operation gut konnte, wieder durchgeführt werden können. Allerdings sollte man hierbei schon das mögliche Verletzungsrisiko, das mit einigen Sportarten einhergeht, berücksichtigt werden. Wie bei der konservativen Arthrose-Behandlung sind gelenkschonende Sportarten meines Erachtens zu bevorzugen. Bei Bewegungen im Alltag würde ich vor allem auf die Vermeidung von Verletzungen achten. Wenn ich etwa Radfahren will, sollte ich auch in jeder Situation sicher bremsen und vom Rad absteigen können. Generell sollte der Patient nach künstlichem Gelenkersatz aber wieder all das im Alltag machen, was er vorher gemacht hat.

Dr. med. Markus Peyerl, Sektionsleiter Orthopädische Chirurgie und Endoprothetik am Klinikum Ingolstadt Dr. med. Markus Peyerl, Sektionsleiter Orthopädische Chirurgie und Endoprothetik am Klinikum Ingolstadt

Veröffentlicht: 18. Juni 2020 | Aktualisiert: 11. November 2024 | Kategorien: Pressemitteilungen |
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