Mit knapp 60.000 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland gehört Lungenkrebs nach wie vor zu den fünf häufigsten Krebserkrankungen. Welche Therapien optimal angewendet werden und wie intensiv sie erfolgen können, hängt in erster Linie vom Tumorstadium ab. Lokal beschränkte, nicht-kleinzellige Lungenkarzinome werden bei körperlicher Eignung der Patient*in operiert. Grundsätzlich können bei Lungenkrebs die vier Behandlungsverfahren Operation, Strahlentherapie, Chemotherapie und Immuntherapie eingesetzt werden. Bei lokal fortgeschrittenem Stadium können diese Therapiemöglichkeiten auch kombiniert eingesetzt werden.
Anatomie
Die Lunge besteht aus den (Haupt-)Bronchien, deren feinen Verzweigungen und den Lungenblässchen (Alveolen), in denen der eigentliche Gasaustausch stattfindet. Die Lunge gliedert sich in zwei Lungenflügel, von denen der rechte in drei Lappen und der linke in zwei Lappen unterteilt ist. Diese Lungenlappen gliedern sich wiederum in Lungensegmente. Die Lungenoberfläche ist von einer dünnen Zellschicht überzogen, die als Pleura oder Lungenfell bezeichnet wird. Der Raum zwischen den beiden Lungenflügeln, in dem sich die großen Gefäße und das Herz befinden, wird als Mittelfellraum (Mediastinum) bezeichnet. Hier liegen Herz, große Gefäße sowie die Speiseröhre und wichtige Nerven- und Lymphbahnen.
Das Bronchialsystem
Unter Bronchialsystem werden die Luftwege unterhalb der Luftröhre zusammengefasst. Der linke Hauptbronchus teilt sich in zwei Lappenbronchien und der rechte in drei Lappenbronchien. Die Lappenbronchien teilen sich dem Aufbau der Lunge entsprechend in Segmentbronchien. Diese wiederum teilen sich in noch kleinere Einheiten bis zu den Bronchiolen, die schließlich in die Alveolen – die Lungenbläschen – münden.
Ursachen und Risikofaktoren
Hinsichtlich der Risikofaktoren besteht heute kein Zweifel mehr daran, dass der überwiegende Teil der Lungenkrebserkrankungen auf das Inhalieren von Zigarettenrauch zurückzuführen ist. Hierbei besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Dauer, dem Ausmaß des Zigarettenkonsums sowie dem Einstiegsalter bei Beginn des Konsums. Weitere Risikofaktoren sind eine Asbestexposition, eine hohe Staubbelastung sowie das Vorhandensein von Tuberkuloseherden in der Lunge. Aufgrund der Tatsache, dass weniger als 20 Prozent aller Raucher*innen an Lungenkrebs erkranken, wird auch eine genetische Vorbelastung als ursächlich für die Lungenkrebsentstehung diskutiert.
Heilungschancen
Die Heilungschancen werden durch den Subtyp des Lungenkarzinoms und durch das Stadium bestimmt. Wenn Lungenkrebs nicht behandelt wird, breitet er sich aus, streut im Körper und ist umso schwieriger zu behandeln. Die Prognose wird dann deutlich schlechter.
Jede Behandlung von Lungenkrebs soll den Tumor – und wenn Tochterabsiedelungen vorliegen, möglichst auch diese – vollständig entfernen oder vernichten, so dass der Betroffene dauerhaft geheilt ist. Lässt sich dieses Ziel nicht erreichen, versucht man, das Lungenkarzinom möglichst lange zu kontrollieren und gleichzeitig die Lebensqualität zu erhalten.
Symptome
Ein Lungenkrebs im Frühstadium verursacht zunächst keine Beschwerden, so dass diese Erkrankung oft erst in fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert wird. Typische Anzeichen sind ein mehrere Wochen anhaltender Husten sowie blutiger Auswurf. Weitere Hinweise können Atemnot, Gewichtsverlust oder Fieberschübe sein. Oft macht sich ein Bronchialkarzinom durch chronische Atemwegsinfekte bemerkbar. Raucher sollten sich regelmäßig untersuchen lassen, um dem erhöhtem Risiko einer Lungenkrebserkrankung Rechnung zu tragen.
Untersuchung und Diagnose
Auffällige Röntgenbefunde werden durch eine Computertomographie des Brustkorbes abgeklärt. Der nächste Schritt ist eine Bronchoskopie (Spiegelung der Atemwege). Hierbei kann der Tumor häufig dargestellt und eine Gewebeprobe entnommen werden. Zum Ausschluss von Fernmetastasen in der Leber, im Gehirn, in den Knochen oder in den Nebennieren dienen eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Schädels und ein Ganzkörper-PET-CT.
Staging – Bestimmung des Tumors
Die Größe des Tumors und das Fehlen oder Vorhandensein von Fernmetastasen bestimmen die Prognose und das therapeutische Vorgehen. Anhand der vorliegenden Untersuchungsbefunde und des feingeweblichen Befundberichtes der Patholog*in werden die Tumoren in verschiedene Tumorstadien eingeteilt. Hierbei richtet man sich nach den Kriterien des TNM-Systems. T steht für Tumor, N für Lymphknotenbeteiligung und M für das Vorliegen von Metastasen.
Behandlung
Bei einem Bronchialkarzinom ohne Nachweis von Fernmetastasen und ohne Befall der Lymphknotenstationen auf der gegenüberliegenden Körperseite (N3) sollte der Tumor operativ vollständig entfernt werden. Zudem sollten definierte Lymphknotenstationen ebenfalls systematisch entfernt werden. Das Ausmaß der notwendigen Entfernung von Lungengewebe richtet sich nach der Lage, der Größe sowie der Beziehung des Karzinoms zum Bronchialsystem. Meist ist eine Entfernung eines Lungenlappens inklusive der Lymphknoten erforderlich.
Sehr kleine Tumoren, oder bei funktioneller Einschränkung der Patient*in, können auch Lungengewebe-sparend als anatomische Segmentresektion entfernt werden. Auch hier werden die entsprechenden Lymphknoten selbstverständlich mit entfernt. Beide Verfahren sind im Frühstadium als minimalinvasive Verfahren möglich.
Einen hohen Stellenwert nimmt heutzutage eine spezielle Form der minimalinvasiven Chirurgie ein, die Uniportale Video-Assistierte Thorakokoskopie (Uniportale VATS), wie sie am Klinikum Ingolstadt durchgeführt wird. Hier wird anstelle von mehreren kleinen Hautschnitten nur mehr ein einzelner ca. vier Zentimeter langer Schnitt angelegt, über die eine Lungenresektion besonders schonend durchgeführt werden kann. Diese Technik hat sich bereits über Jahre bewährt. Manchmal ist eine Entfernung des Gewebes über einen solchen kleinen Schnitt nicht mehr möglich, dann muss der Brustkorb konventionell geöffnet und die Rippen gespreizt werden. Die ständige Weiterentwicklung der Thoraxchirurgie macht diese Fälle jedoch immer seltener notwendig.
Eine Weiterentwicklung der Schlüssellochtechnik stellt das roboter-assistierte, minimal-invasive Operieren im Brustkorb dar. Hierbei steuert der Chirurg an einer Konsole die Arme eines Robotik Systems. Die Operation wird hierbei weiterhin vom Chirurgen durchgeführt, das Robotersystem überträgt lediglich die Handbewegungen des Chirurgen auf Roboterarme, an denen die entsprechenden Instrumente angebracht sind. Die Vorteile bestehen für den Patienten in einer noch schonenderen und präziseren OP-Technik mit geringerem Blutverlust, weniger Schmerzen, frühzeitiger Mobilisation und verkürztem Krankenhausaufenthalt. Auch komplexere Eingriffe, die bisher eine Operation mit größerem Schnitt am Brustkorb notwendig machten, sind so häufig minimal-invasiv durchführbar.
Am Klinikum Ingolstadt haben wir eines der modernsten Robotersysteme, das sogenannte da Vinci Xi- System der Fa. Intuitive surgical, hierfür zur Verfügung.
Das kleinzellige Lungenkarzinom ist eine besonders aggressive Krebsart: Der Tumor wächst schnell, und streut sehr frühzeitig Tochtergeschwülste. Daher haben Betroffene, die an dieser Form von Lungenkrebs leiden, entsprechend schlechtere Heilungschancen. Allerdings – und darin besteht eine gewisse Chance – teilen sich diese Krebszellen besonders oft und sind dadurch besonders empfindlich. Sie lassen sich daher durch eine Chemotherapie und Strahlentherapie teilweise kombiniert mit einer Immuntherapie gut angreifen. Diese besondere Form des Lungenkrebses hat nur einen Anteil von ca. 12 – 15 Prozent.
Am günstigsten ist die Prognose für Kranke mit einer auf eine Brustkorbhälfte begrenzten Erkrankung: Sie werden mit einer Kombination aus Chemo- und Strahlentherapie behandelt und sollen so möglichst geheilt werden. In den vergangenen Jahren konnte die Chemo-, Strahlen- und Immuntherapie deutlich weiter verbessert werden. Dadurch (über-)leben Betroffene heute durchschnittlich fünfmal länger als noch vor 15 Jahren. Mehr als die Hälfte der Betroffenen leben noch drei Jahre nach der Diagnose und Behandlung. Allerdings hängt dies davon ab, wie weit der Lungenkrebs fortgeschritten war, als er festgestellt wurde.
Rehabilitation und Nachsorge
Nach der Entfernung des Tumors sind regelmäßige Nachuntersuchungen nötig, manchmal auch eine Chemo- und/oder eine Immuntherapie. Solche Therapien sollen in aller Regel innerhalb von 60 Tagen nach der Operation beginnen. Nach Abschluss der Behandlung oder auch während längeren Behandlungsperioden wie bei der Immun-Erhaltungstherapie erhalten die Patient*innen Nachsorge. Anfangs finden die Untersuchungen alle drei Monate statt, später werden die Intervalle auf sechs oder zwölf Monate verlängert. Die Entfernung von Teilen der Lunge kann zu Problemen bei der Atmung und einer geringen Belastbarkeit führen. Eine Rehabilitation hilft, nach der Operation wieder die körperliche Leistungsfähigkeit zu erhöhen.
Lebensqualität nach der Operation
Bei vor der Operation bestehender guter Lungenfunktion und guter körperlicher Belastbarkeit erholen sich Patient*innen nach einer anatomischen Resektion eines Lungensegmentes bzw. eines Lungenlappens recht schnell. Langfristig werden bei alltäglichen Belastungen kaum Beschwerden auftreten. Durch das verminderte Lungenvolumen kann es jedoch bei einer Dauerbelastung wie Joggen oder Radfahren zu einer messbaren Minderung der Leistungsfähigkeit kommen. Bei Patient*innen mit schon vorher eingeschränkter Leistungsfähigkeit kann sich diese durch die Operation noch weiter verschlechtern. Eine Operation zur Entfernung von Lungenkrebs kann auch emotional belastend sein.