Wenn Blut an der falschen Stelle im Körper gerinnt und in der Folge wichtige Gefäße verstopft, sprechen Mediziner von einer Thrombose. Insgesamt 5,1 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland haben oder hatten schon einmal eine Venenthrombose. Am vergleichsweise häufigsten kommen Thrombosen in den Beinvenen vor: In 93 Prozent der Fälle sind die Venen der unteren Extremitäten betroffen. Nicht selten verlaufen tiefe Venenthrombosen ohne Beschwerden – und bergen doch hohe Gesundheitsrisiken, die bis zum Tod führen können. Welche das sind und wie sich eine Thrombose erkennen lässt, erklärt Prof. Karlheinz Seidl, der Chefkardiologe am Klinikum Ingolstadt, zum Welt-Thrombose-Tag am 13. Oktober.
Ursachen kennen – die Gefahr vermeiden
Thrombosen in den Beinvenen können verschiedene Ursachen haben. Die häufigste ist mangelnde Bewegung. Nicht umsonst hört man, dass vor allem bei langen Flugreisen ein erhöhtes Thromboserisiko besteht, ähnliches gilt bei langer Bettlägerigkeit. „Durch den Bewegungsmangel fällt die Muskelpumpe aus, und das Blut fließt weniger schnell zum Herzen zurück. Das Blut staut sich und die Blutplättchen verklumpen. In der Folge kommt es zum Gerinnsel (Thrombus), welches dann die Vene einengt und verstopft, erklärt Prof. Seidl den organischen Vorgang.
Die Gefahr, ein solches Blutgerinnsel auszubilden, kann auch durch einen Flüssigkeitsmangel auftreten. Rauchen ist ebenso ein Risikofaktor wie Blutgerinnungsstörungen. Auch die Pille steht im Verdacht, für ein erhöhtes Thromboserisiko verantwortlich zu sein.
Symptome erkennen
Typische Symptome einer Beinthrombose sind Schmerzen sowie eine Schwellung des betroffenen Beines. „Die Schmerzen beginnen oft aus heiterem Himmel und können ziehend, auch krampfartig sein“, erklärt Prof. Seidl. Beim Auftreten können sich diese noch einmal verstärken. Betroffene Patienten klagen außerdem oft über ein Schwere- und Spannungsgefühl, teilweise ist die Haut sehr gespannt, bläulich verfärbt und sehr heiß. „Leider sind die Symptome nicht immer so eindeutig“, sagt Prof. Seidl. Denn häufig fehlen diese Beschwerden komplett, und es fällt lediglich die einseitige Schwellung des Beines auf. Gerade deshalb sollten Schwellungen der Waden nicht ignoriert werden.
Schwerwiegende Erkrankung
„Die Thrombose ist eine sehr schwerwiegende Erkrankung und kann gefährliche Komplikationen nach sich ziehen“, warnt Prof. Seidl. Löst sich das Blutgerinnsel beispielsweise und gerät in die Lunge, kann das eine Lungenembolie auslösen. Im schlimmsten Fall kann dies tödlich enden. Wandert der Thrombus nicht, sondern verstopft die Vene, kann sie dadurch dauerhaft geschädigt werden. Weil die Venenklappen nicht mehr richtig schließen, entsteht in der Vene zu viel Druck, der wiederum den Abfluss des Blutes hindert. Man spricht hierbei vom postthrombotischen Syndrom, an dem rund ein Drittel der Betroffenen leidet. Dieses tritt in Form von chronischen Krampfadern in Erscheinung und begünstigt darüber hinaus die Entstehung weiterer Thrombosen. „Auch wenn die Mehrzahl der Thrombosen folgenlos abheilt, sollte beim leisesten Verdacht darauf sofort ein Arzt aufgesucht werden“, rät der Experte.
Diagnose und Behandlung
Der Arzt wird dann zunächst eine Ultraschalluntersuchung vornehmen. Auch findet man Hinweise in einer Blutuntersuchung. Oft sind die sogenannten D-Dimere, ein Abfallprodukt der Blutgerinnung, erhöht. Bei der körperlichen Untersuchung kann man bereits den Verdacht auf eine Beinvenenthrombose durch folgende Symptome stellen: Wadenschmerz, wenn die Fußspitze angehoben wird, Schmerzen beim Drücken der Wade, Druckschmerz auf der Innenseite des Fußes.
Die medikamentöse Thrombosenbehandlung verhindert, dass das Blutgerinnsel weiter anwächst und eventuell in die Blutbahn gerät. Im besten Fall wird das Blutgerinnsel sogar aufgelöst. „Gerade bei jungen Patienten muss über eine operative Thrombosebehandlung diskutiert werden, hierbei wird das Blutgerinnsel mithilfe eines Katheters aus der Vene gezogen, zusätzlich kann über den Katheter ein Thrombose auflösendes Medikament verabreicht werden“, sagt Prof. Seidl. Eine solche Maßnahme sollte laut des Experten sehr früh ergriffen werden, um das Risiko eines postthrombotischen Syndroms zu verhindern. Im Klinikum Ingolstadt werden in Kooperation mit der Gefäßchirurgie und der Radiologie alle Behandlungsverfahren, konservativ und operativ, angeboten. „Interdisziplinär wird entschieden, welche die beste Behandlungsmethode für den individuellen Patienten ist“, betont Prof. Seidl.
Vorbeugen und Thrombosen vermeiden
Damit es gar nicht erst zu einer Thrombose in den Beinen kommt, hat Prof. Seidl vor allem einen Rat: „Bewegung, Bewegung, Bewegung – das ist der wichtigste Thromboseschutz.“ Insbesondere bei langen Flugreisen empfiehlt er, immer wieder aufzustehen und den Gang im Flugzeug entlangzulaufen. Wer weiß, dass ihm längere immobile Phasen bevorstehen, kann sich darauf vorbereiten und Thrombosestrümpfe anziehen. „Durch den Druck der Kompressionsstrümpfe auf die Venen fließt das Blut schneller zum Herzen und zurück, und die Gefahr der Bildung eines Blutgerinnsels ist deutlich reduziert“, erklärt Prof. Seidl. Zusätzlich sollte man darauf achten, genügend Flüssigkeit zu sich zu nehmen. „Auf jeden Fall hilft ein gesunder Lebensstil mit abwechslungsreicher gesunder Kost, Sport und ohne Zigaretten.“
Prof. Dr. Karlheinz Seidl, Direktor der Medizinischen Klinik I im Klinikum Ingolstadt