Diese Krebsform gehört zu den aggressivsten, die es gibt. Prof. Dr. Markus Rentsch und sein Team der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie behandeln jährlich rund 40 Patientinnen und Patienten mit einem Pankreaskarzinom – einer Tumorerkrankung der Bauchspeicheldrüse.

Prof. Dr. Markus Rentsch und sein Team der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie behandeln jährlich rund 40 Patientinnen und Patienten mit einem Pankreaskarzinom.

Er weiß um den Schock, den diese Diagnose auslösen kann und deswegen ist ihm eine Feststellung vorweg so wichtig: „Die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs ist schon lange kein zwangsläufiges Todesurteil mehr“, betont Prof. Markus Rentsch, Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie am Klinikum Ingolstadt. Immer wieder erlebe er, dass Patienten nach der Diagnose innerlich mit ihrem Leben abgeschlossen haben. Das sei für ihn nicht nachvollziehbar. Zwar sei die Fünf-Jahres-Prognose bei dieser Krebsart noch immer schlechter als bei anderen Krebsarten, ein Pankreaskarzinom, wie Bauchspeicheldrüsenkrebs in der Fachsprache heißt, lässt sich heutzutage aber in vielen Fällen effektiv behandeln und auch heilen. Entscheidend sei der Zeitpunkt der Diagnose.

Symptome sind oft unspezifisch

„Und genau das ist das tückische an dieser Art von Krebs“, erklärt Rentsch. „Eine Frühdiagnose ist schwierig, da dieSymptome erst relativ spät auftreten und eher unspezifisch sind.“ Ein Alarmzeichen seien laut Rentsch aber gürtelförmige Schmerzen im Oberbauch, die vom Rücken her ausstrahlen, sowie eine Gelbfärbung der Haut und Augen. „Wenn man diese Symptome bei sich bemerkt, sollte man auf jeden Fall seinen Hausarzt aufsuchen und ihn gegebenenfalls auch auf den Verdacht aufmerksam machen.“ Erkennt man ein Pankreaskarzinom früh genug, das heißt, bevor es in andere Organe streut oder in nicht ersetzbare Gefäße einwächst, ist eine Entfernung durch Operation möglich.

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen für Bauchspeicheldrüsenkrebs sind noch nicht eindeutig geklärt. Es gibt allerdings einige vermutete
Risikofaktoren wie etwa Rauchen und Alkohol. Aber auch die familiäre Vorbelastung spielt für die Erkrankung oft
eine Rolle. Das heißt jedoch nicht, dass alle Raucher erkranken. Genauso ist es möglich, dass Menschen ohne jegliche Risikofaktoren die Diagnose Pankreaskarzinom erhalten. „Kommen Patienten mit den typischen Symptomen ins Klinikum – meist nach einer Überweisung durch einen niedergelassenen Allgemeinarzt – veranlassen wir, wenn noch nicht vorhanden, zunächst ein CT. So können wir Veränderungen in Größe und Form der Bauchspeicheldrüse und deren Lagebeziehung zu den benachbarten Blutgefäßen feststellen“, erklärt der Chefarzt. Mögliche Streuherde (Metastasen) in Leber oder Lymphknoten können so ebenfalls diagnostiziert werden. Auf diese bildgebenden Verfahren folgt in der Regel eine endoskopische Ultraschalluntersuchung.
Dabei wird eine winzige Ultraschallsonde an der Spitze eines Endoskops über Mund und Magen in den ersten
Abschnitt des Dünndarms eingeführt. In diesem Schritt kann auch eine Gewebeprobe entnommen werden.

Operation und Chemotherapie: eine vielversprechende Kombination
„Die Operation ist die einzige potentielle Chance auf eine Heilung“, betont Rentsch. Doch meistens bleibt es nicht bei der Operation allein. „Um sicher zu gehen, dass keine Tumorreste nach der Operation zurückbleiben, wenden wir in den meisten Fällen zusätzlich eine Chemotherapie an“, erklärt er. „Ergebnisse aus den letzten zehn Jahren haben gezeigt, dass die Kombination aus drei verschiedenen Chemotherapiemedikamenten im Vorfeld oder Nachgang einer Operation die größten Heilungschancen versprechen.“ Erst vor wenigen Wochen behandelte Prof. Rentsch einen 78-jährigen Patienten mit einem Tumor, der in den Zwölffingerdarm reichte. „Seine Symptome waren sehr unspezifisch und im Vorfeld konnte man mit allen technisch realisierbaren Untersuchungen keine Bösartigkeit feststellen”, sagt der Chefarzt. „Aufgrund der Größe und des drohenden Verschlusses der Gallenwege, des Bauchspeicheldrüsenganges und des Zwölffingerdarmes sowie des bedrohlichen Aspekts in der Magen-Darm-Spiegelung entschlossen wir uns dennoch zu einer Operation.“ Dabei konnte der Tumor gut und komplett entfernt werden. Bei der Untersuchung des Gewebes im Nachgang zeigte sich ein großer Tumor im Bauchspeicheldrüsenkopf, der seinen feingeweblichen Ursprung in den dort verlaufenden
Gallenwegsanteilen hatte. „Wir fanden allerdings auch einzelne Tumorzellen im umgebenden Lymphgefäßund
Nervenfasergeflecht“, erinnert sich Rentsch. „Daher haben wir uns, um die Gesamtprognose noch zusätzlich zu
verbessern, im Anschluss für eine Chemotherapie in zwei- bis dreiwöchigen Intervallen entschieden. “

Komplexer chirurgischer Eingriff
Die Operation eines Pankreaskarzinoms gehört zu den komplexeren chirurgischen Eingriffen der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie. Denn die Bauchspeicheldrüse liegt im Hinterfell, nahe an großen Blutgefäßen. „Das erschwert natürlich die Entfernung eines Tumors in dieser Region und kann mitunter auch gefährlich werden“, weiß der erfahrene Mediziner. So befinden sich in der Bauchspeicheldrüse naturgemäß Verdauungsenzyme. Die Wand der Bauchspeicheldrüse muss bei der Teilentfernung der Bauchspeicheldrüse zwangsläufig durchtrennt werden. Treten an dieser Stelle Verdauungsenzyme aus, können umliegende Organe und Blutgefäße „angedaut“ werden. „In der Folge kann es zum Beispiel zu Blutungen aufgrund von angedauten Blutgefäßen kommen“, warnt Rentsch.

Die Operation eines Pankreaskarzinoms dauert im Schnitt rund drei bis sechs Stunden. „Dabei werden – je nachdem wo der Tumor sitzt – Teile des Magendarmtrakts oder der Bauchspeicheldrüse entfernt und mit Teilen des Dünndarms ersetzt. Ziel ist es, den Tumor mittels Operation komplett zu entfernen, je nach feingeweblicher Zusammensetzung mit zusätzlicher Nachbehandlung durch Chemotherapie. „Falls die Patienten wünschen, kann auch die engmaschige Nachsorge nach erfolgreicher Tumorentfernung im Klinikum stattfinden. Hierbei arbeiten wir jedoch auch eng mit niedergelassenen Onkologen und Allgemeinmedizinern zusammen. Die Kontrolluntersuchungen finden nach festgelegten Leitlinien statt“, erklärt Rentsch. Für die Zukunft hat Prof. Rentsch große Pläne: Für die kommenden Jahre plant er ein zertifiziertes Pankreaszentrum. „Die Ergebnisse und Zahlen der letzten Jahre würden den Kriterien der Zertifizierung auf jeden Fall genügen“, sagt der Klinikdirektor.

Speiseröhrenkrebs als neues Behandlungsgebiet

Neben Pankreaskarzinomen behandeln Prof. Rentsch und sein Team in der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie auch Patientinnen und Patienten mit Lungen-, Magen-, Leber-, Darm-, Weichgewebskrebs sowie Krebs der Gallenwege und Metastasen. Neu ist außerdem die Behandlung von Speiseröhrenkrebs, des sogenannten Ösophaguskarzinoms. „Bei der Behandlung von Speiseröhrenkrebs arbeiten hier am Klinikum Ingolstadt Viszeralchirurgen eng mit Thoraxchirurgen zusammen“, erklärt Rentsch. Das sei ein enormer Vorteil, den nur wenige Kliniken in Bayern hätten. Denn bei der Speiseröhre gibt es eine Besonderheit: Sie verläuft durch den Brustkorb, auf den Thoraxchirurgen spezialisiert sind, bis hin zum Magen. Dieser Bereich gehört zum Kerngebiet der Viszeralchirurgen. „Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit meinem Kollegen, Thoraxchirurg Dr. Paul Swatek, der bereits langjährige Erfahrung und zahlreiche Speiseröhrenoperationen vorweist, hat sich als äußerst erfolgreich in dieser Disziplin etabliert“, betont der Viszeralchirurg Prof. Rentsch. Auch bei der Behandlung dieser Krebsart sei wie beim Pankreaskarzinom die Kombination aus Operation und Chemotherapie die erfolgsversprechendste Behandlungsmethode.

 

Veröffentlicht: 10. Februar 2022 | Aktualisiert: 14. November 2024 | Kategorien: Klinikums G'schichten |
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