Definition
Es handelt sich hierbei um eine akut auftretende Verdrehung der sehr beweglichen Samenstranggebilde und des Hodens, sodass eine ausreichende Durchblutung des Hodens nicht mehr gewährleistet ist. Die Hodenverdrehung ist eine der häufigsten Fehldiagnosen in der Urologie mit weitreichenden Folgen: Bei Nicht- bzw. Fehldiagnose kommt es bereits nach 4 – 6 Stunden zum Gewebsuntergang des Hodens (Nekrose) und damit zum Organverlust.
Symptome
Plötzlich auftretender heftiger Schmerz (im Unterbauch, in der Leisten- und Hodengegend) z.B. nach einer drehenden Bewegung (bei Kindern und Jugendlichen beim Radfahren, Ballspielen; bei Erwachsenen bei sexueller Betätigung), aber auch aus Ruhe heraus (Schlaf). Bei Säuglingen oder Kleinkindern, die ihre Beschwerden nicht äußern können, wird die Hodenverdrehung häufig leider übersehen oder fehlgedeutet.
Diagnostik
Neben der oft wegweisenden Krankheitsgeschichte ist eine sorgfältige körperliche Untersuchung notwendig: Der betroffene Hoden kann höher als der Hoden der gesunden Seite stehen oder quer gelagert sein. Außerdem kann der Hodensack geschwollen und auch gerötet sein. Bei der Untersuchung ist die Berührung des Hodensacks und des Hodens extrem schmerzhaft. Neben der körperlichen Untersuchung ist eine apparative Untersuchung hilfreich: Eine Doppler-Sonographie bzw. Duplex-Sonographie kann die Durchblutung des Hodens nachweisen oder gibt Hinweise auf eine gestörte oder vollständig unterbrochene Durchblutung des Hodens. Im Falle einer unklaren Situation kann auch eine sogenannte Hodenszintigraphie die Durchblutung des Hodens klären. Diese ist aber aufgrund des engen Zeitfensters (sechs Stunden) nicht immer möglich.
Therapie
Bei Verdacht auf eine Hodenverdrehung oder auch bei einer klinisch unklaren Situation ist immer die Freilegung (Operation) des Hodens notwendig. Es handelt sich dabei um einen urologischen Notfall, der keinen weiteren Aufschub erlaubt. Bei der sofortigen Operation des verdrehten Hodens wird der Hoden freigelegt und wieder in die richtige Position zurückgedreht, anschließend die Durchblutung und Schädigung des Organs überprüft. Kann der Hoden erhalten werden, so wird der Hoden durch Nähte an der Innenseite des Hodensacks fixiert, sodass er sich nicht erneut verdrehen kann. Ist der Hoden bereits abgestorben, muss er entfernt werden.
Prophylaktische Orchidopexie der Gegenseite
Zur Vorbeugung sollte der gesunde zweite Hoden ebenfalls durch Nähte an der Innenseite des Hodensacks fixiert werden, da dieser häufig ebenso beweglich ist und sich verdrehen kann. Es besteht daher ein erhöhtes Risiko, auch auf der anderen Seite eine Hodentorsion zu erleiden. Die vorbeugende Orchidopexie ist auch deshalb notwendig, da der verdrehte Hoden auch trotz einer erfolgreichen Operation nicht äußerlich sichtbare Schäden davongetragen haben könnte und die langfristige Funktion zu diesem Zeitpunkt noch nicht exakt eingeschätzt werden kann. Daher sollte zumindest der Hoden der Gegenseite sicher erhalten werden. Die prophylaktische Orchidopexie führen wir als geplanten ambulanten Eingriff ca. 4 Wochen nach der Hodentorsion durch.
Zu ähnlichen Symptomen wie die Hodenverdrehung können die Nebenhodenentzündung, die Hodenentzündung und die Hydatidenverdrehung (-torsion) führen, zusammengefasst unter dem Begriff „Akutes Skrotum“. Bei einer Hydatide handelt es sich um ein Anhangsgebilde von Hoden/Nebenhoden ohne nachweisbare Funktion. Dieses kann sich um seine eigene Achse drehen und Schmerzen wie bei einer Hodendrehung verursachen. Auch hier sollte im Zweifelsfall der Hoden operativ freigelegt werden.